Eklat in Davos: Türkischer Premier stürmt vom Podium

Erdogan (links) verlaesst WEF
Erdogan (links) verlaesst WEF(c) EPA (Monika Flueckiger / Swiss-image.ch Handout)
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Während einer emotionsgeladenen Debatte über den Gaza-Konflikt verlässt Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan wutentbrannt den Saal. In der Türkei wird er nun als Held gefeiert.

Am Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos sind am Donnerstag bei einer Podiumsdiskussion über den Gazastreifen die Emotionen hoch gegangen. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan warf dem israelischen Präsidenten Shimon Perez vor, dass Israel Mord im Gazastreifen begangen habe. Daraufhin verließ Erdogan wutentbrannt den Saal - mit den Worten: "Ich komme nicht mehr nach Davos."

Erdogan wollte auf einen langen Beitrag des israelischen Präsidenten Shimon Peres antworten. Dieser hatte ein flammendes Plädoyer für den Krieg Israels im Gazastreifen gehalten und Erdogan dabei direkt angesprochen. Doch der Moderator der Veranstaltung verweigerte dem türkischen Regierungschef das Wort mit dem Hinweis, dass die Debatte beendet sei.

Erdogan: Israel hat schlechtes Gewissen

Auf dem Podium saßen auch UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon und der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Moussa. Der türkische Regierungschef hatte Peres zuvor unterstellt, er gebrauche eine harte Sprache, weil er ein schlechtes Gewissen wegen der Opfer im Gazastreifen durch die israelischen Angriffe habe. Die türkische Regierung hatte die israelische Offensive im Gazastreifen scharf kritisiert.

Erdogans Abgang in Davos

Später betonte Erdogan, er sei nicht wegen des Streits mit Peres so erzürnt gewesen, sondern weil er nicht ausreichend Gelegenheit gehabt habe, auf die Äußerungen des israelischen Präsidenten einzugehen. "Ich greife in keinster Weise die israelische Bevölkerung, Präsident Peres oder das jüdische Volk an", sagte er bei einer Pressekonferenz.

Der israelische Präsident Shimon Peres hat am Freitag die heftige Auseinandersetzung bedauert. Peres habe noch Freitag früh Erdogan angerufen und ihm versichert, dass ihm die Auseinandersetzung "sehr leid" tue, berichtete das Internet-Portal "Haaretz.com".

"Eroberer von Davos"

Nach seiner Rückkehr nach Istanbul wurde Erdogan begeistert gefeiert. Tausende Demonstranten empfingen den Regierungschef in der Nacht auf Freitag auf dem Flughafen von Istanbul. Dabei schwenkten sie türkische und palästinensische Flaggen sowie Spruchbänder mit Texten wie "Willkommen zurück, Eroberer von Davos" oder "Welt, schau auf unseren Ministerpräsidenten". Auch anti-israelische Slogans wurden gerufen.

Nebi Maruf, der palästinensische Botschafter in Ankara, begrüßte nach einer Meldung des Nachrichtensenders CNN-Türk das Verhalten Erdogans. Es sei "sehr richtig" gewesen, dass Erdogan die Diskussion verlassen habe. Einige türkische Zeitungen kommentierten, Erdogan sei durch die Rede von Peres provoziert worden.

Doch es gab auch andere Stimmen. Der Oppositionspolitiker Onur Öymen sagte nach Zeitungsberichten, Erdogan habe ein gutes Anliegen sehr schlecht vertreten. Der Erdogan-kritische Kolumnist Oktay Eksi schrieb in der Zeitung "Hürriyet", die ganze Welt habe erlebt, dass die Türkei einen Ministerpräsidenten habe, "der sich nicht beherrschen kann".

(Ag.)

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