Irland: Grüne Insel in den roten Zahlen

(c) AP (Peter Morrison)
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Ein radikales Sparprogramm soll den drohenden Staats-Bankrott abwenden. Irland muss dringend die internationalen Kreditmärkte von seiner Glaubwürdigkeit als Schuldner überzeugen.

London/Dublin. Der Weg aus der „schwersten Wirtschaftskrise seit 70 Jahren“ (Premier Brian Cowen) wird die Iren teuer zu stehen kommen: Mit einem radikalen Sparprogramm versucht die konservative Regierung den Staatsbankrott abzuwenden und in den nächsten fünf Jahren 16,5 Mrd. Euro (etwa zehn Prozent des BIP von 2008) einzusparen. In einem ersten Schritt werden heuer die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes zur Kasse gebeten, die ab sofort erstmals in die staatlichen Pensionsfonds einzahlen müssen.

Mit weiteren Maßnahmen, wie Kürzungen beim Kindergeld, Einsparungen in der Verwaltung und der Verschiebung von vereinbarten Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst, sollen allein heuer zwei Mrd. Euro eingespart werden. Eine Alternative gibt es nicht. Irland muss dringend die internationalen Kreditmärkte von seiner Glaubwürdigkeit als Schuldner überzeugen, um die Kreditkosten nicht weiter explodieren zu sehen.

Die Regierung musste spätestens reagieren, nachdem zwei Agenturen die Bewertung Irlands von „stabil“ auf „negativ“ zurückgestuft hatten. Allein im Jänner verbuchte der Fiskus ein Defizit von 750 Mio. Euro, nachdem es im Jahr zuvor noch ein Überschuss von 630 Millionen gewesen war.

Der keltische Tiger ist k.o.

Die Rezession wird Irland heuer ein Schrumpfen der Wirtschaft um bis zu fünf Prozent bringen. Jeden Tag verlieren 330 Menschen ihre Arbeit, für heuer erwartet die Regierung eine Arbeitslosenrate von zwölf Prozent. Firmen gehen pleite oder verlassen die Insel (der Computerriese Dell etwa ist nach Polen abgezogen), ausländische Investitionen bleiben aus. Der „keltische Tiger“ ist k.o.

Die Folge dramatisch sinkender Steuereinnahmen und wachsender Ausgaben ist ein Budgetdefizit, das für heuer auf bis zu 15 Prozent geschätzt wird. Nach langer Realitätsverweigerung musste die Regierung nun die Notbremse ziehen: „Für jeden Mann, jede Frau und jedes Kind müssen wir 4500 Euro Schulden aufnehmen. Wir müssen ein Drittel unserer Ausgaben durch geborgtes Geld begleichen“, warnte Premier Cowen: „So kann es nicht weitergehen.“

Die Iren müssen sich auf einen deutlich niedrigeren Lebensstandard einstellen. Der Staat kann weniger (aus)geben und wird mehr (ein)nehmen müssen. Doch die Regierung wagte sich – vorerst? – nicht an die Lösung eines Strukturproblems: Der öffentliche Dienst kostet 20 Mrd. Euro im Jahr, dafür muss eine Million Steuerzahler aufkommen. Mit explodierender Arbeitslosigkeit wird diese Basis immer kleiner, eine radikale Redimensionierung steht der Verwaltung damit erst bevor. Wie in der Bankenkrise im Vorjahr, spricht alles dafür, dass Irland erneut der Vorreiter für ganz Europa sein wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2009)

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