Kongo: „Blauhelme sehen Massakern tatenlos zu“

(c) AP (Karel Prinsloo)
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Ärzte ohne Grenzen übt massive Kritik an den UNO-Soldaten im Nordost-Kongo.

DUNGU/WIEN (tes). Die Rebellen brennen Dörfer nieder, schneiden den Menschen die Kehlen durch. Kinder nehmen sie manchmal mit, um sie als Soldaten und Sexsklaven zu missbrauchen. Manchmal aber auch nicht. Nach einem der Überfälle in der Provinz Haut-Uélé im Nordosten des Kongo wurde ein vierjähriges Mädchen mit schweren Halsverletzungen zur Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen gebracht: Die Rebellen der „Widerstandsarmee des Herrn“ (LRA) hatten versucht, dem Kind den Kopf abzuhacken.

Seit Längerem hält sich der ugandische LRA-Führer Joseph Kony, der mit seinen Anhängern einen fundamentalistischen Gottesstaat auf Basis der zehn Gebote errichten will, im nordostkongolesischen Urwald versteckt. Seit sich im Dezember Truppen aus dem Kongo, dem Südsudan und Uganda gegen ihn verbündet haben, rächt er sich an der Bevölkerung.

100.000 auf der Flucht

Seit Weihnachten wurden mehr als 50 Dörfer von den Rebellen heimgesucht, 900 Menschen ermordet. 100.000 sind bereits auf der Flucht. Ärzte ohne Grenzen befürchtet weitere Massaker. Und niemand sei da, um die Menschen zu schützen: „An vielen Orten sind die Menschen völlig abgeschnitten“, berichtet Charles Gaudry, Koordinator der Organisation in der Provinzstadt Dungu, der „Presse“. „Sie haben wahnsinnige Angst und verteidigen sich notdürftig mit Speeren und Bögen.“

Harsche Kritik richtet die Organisation jetzt gegen die UN-Friedensmission Monuc: Die Blauhelme blieben untätig, „während die Bewohner von Haut-Uélé systematisch massakriert werden“, so Marc Poncin, Verantwortlicher für den Kongo-Einsatz von Ärzte ohne Grenzen. Sie hätten „nie eingegriffen, um die Bevölkerung zu schützen“. Ein Monuc-Sprecher kontert: Die Mission versuche „das Beste innerhalb ihres Mandats“.

www.lage-dramatisch.org

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2009)

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