Ägypten zieht die Zügel schärfer an

Seit dem Autobombenattentat gegen das Militärlager Karm al-Qawadees, geht Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi aufs Ganze: Zwangsräumung am Sinai, Schnellgerichte für Gegner.

Kairo. Verzweifelte Gesichter, Eselkarren, bepackt mit Hab und Gut; Explosionen, die aus Wohnhäusern Trümmerhaufen machen; Bulldozer, die Reste zusammenschieben. Und viele der Zwangsvertriebenen auf dem Sinai, die diese Fotos posten, stehen zwischen den Ruinen und wissen nicht wohin.

Seit dem Autobombenattentat gegen das Militärlager Karm al-Qawadees auf dem Nordsinai, bei dem vorige Woche 33 Soldaten starben und über 30 teils schwer verletzt wurden, gehen Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi und seine Generäle aufs Ganze. In der von der Gaza-Grenze geteilten Stadt Rafah begann die Armeeführung, einen 500 Meter breiten und 14 Kilometer langen Korridor durch die Wohnviertel zu pflügen, um „Terrornester auszuheben“ und die letzten noch verbliebenen Schmuggeltunnel zu zerstören. Mindestens 10.000 Bewohner in 800 Häusern sind betroffen.

Viele erfuhren von ihrem Schicksal erst per Megafon und wurden innerhalb von Stunden davongejagt. „Ausländische Hilfe“ sei bei dem Attentat im Spiel gewesen, erklärte der Präsident und meinte damit Extremisten aus dem Gazastreifen.

Gleichzeitig nutzt das Regime in Kairo die Terrorkrise, um die verbliebene Opposition – Studenten, Muslimbrüder und Mitglieder der Demokratiebewegung – endgültig zu ersticken. Per Dekret weitete al-Sisi die Zuständigkeit der Militärgerichte aus. Einrichtungen wie Schulen, Universitäten, Kraftwerke, aber auch Autostraßen wurden unter den Schutz der Armee gestellt. Wer dort protestiert, kann zu jahrelanger Haft verurteilt werden. (mg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2014)

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