Russische Kriegsschiffe im Ärmelkanal

Der Verband ankert vor der Normandie. Die Nato reagiert gelassen: "Die Schiffe sind auf der Durchreise." Schlechtes Wetter habe sie aufgehalten.

Ein Verband russischer Kriegsschiffe ist am Freitag in den Ärmelkanal zwischen Großbritannien und Frankreich gefahren. Der Schiffsverband werde von dem Zerstörer "Severomorsk" ("Seweromorsk") geleitet, der auf den Kampf gegen U-Boote spezialisiert ist, teilte das russische Flottenkommando Nord nach Angaben der Nachrichtenagentur RIA Novosti mit. Die Nato reagierte gelassen.

"Nach unseren Erkenntnissen sind die Schiffe auf der Durchreise und wurden vom schlechten Wetter aufgehalten", erklärte die westliche Militärallianz am Freitag in Brüssel. "Sie führen aber keine Manöver durch, wie es uns manche russische Schlagzeilen glauben machen wollen."

Das russische Verteidigungsministerium erklärte, die Kriegsschiffe seien am 20. November aus dem Hafen Murmansk nahe der Barentssee ausgelaufen. RIA Novosti zufolge lief der Schiffsverband der russischen Nordflotte in den Ärmelkanal ein, um dort eine Übung abzuhalten.

Angeführt vom U-Boot-Jagdschiff "Severomorsk" habe der Verband die engste Stelle des Kanals, die Straße von Calais, passiert und ankere nun in einer Bucht vor der Normandie in neutralen Gewässern, um das Ende eines Sturms abzuwarten. Dort sollten nun die U-Boot-Abwehr und Rettungsmaßnahmen für den Fall eines Brandes oder Wassereinbruchs an Bord trainiert werden, hieß es weiter.

Die französische Marine erklärte, der Aufenthalt russischer Kriegsschiffe im Ärmelkanal sei nicht ungewöhnlich. "Sie halten kein Manöver ab", sagte ein Sprecher. "Sie warten einfach nur in einem Gebiet, wo sie sich manchmal mehrmals im Jahr aufhalten."

Die deutsche Regierung kritisierte die Übung mit Blick auf die im Konflikt um die Ukraine ohnehin gespannte Lage zwischen Russland und dem Westen. "Dieses Manöver, auch wenn es sozusagen in internationalen Gewässern stattfindet, ist nicht unbedingt ein Zeichen, um die Bereitschaft zur Deeskalation zu unterstreichen", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz.

Ein Sprecher des deutschen Verteidigungsministeriums ergänzte: "So wie dieser Verband zusammengestellt ist, sieht es aus wie ein ganz normaler Übungsverband. Und insofern ist er für uns nicht weiter dramatisch. Und stellt auch dort keine besondere Situation dar."

In deutschen Marine-Kreisen hieß es, der Ärmelkanal zähle wie etwa die Straßen von Gibraltar oder Hormuz zu den internationalen Seeschifffahrtsstraßen, die für jeden frei passierbar seien. Dies gelte auch für Kriegsschiffe, die dort weder ihre Radaranlagen abschalten noch sich anmelden müssten. Auch dass die russischen Kriegsschiffe in einer Bucht vor der Normandie einen Sturm abwarteten, sei durchaus üblich.

"Ungewöhnliche" Übungen

Russland hält seit mehreren Wochen Militärmanöver mit verschiedenen Streitkräften weit außerhalb seiner Landesgrenzen ab - auch mit Langstreckenbombern. Die Nato hatte die Übungen als "ungewöhnlich" bezeichnet. Allerdings halten sich die russischen Streitkräfte in neutralen Gewässern oder im internationalen Luftraum auf.

Russland will mit dieser Präsenz angesichts der schwersten Krise mit dem Westen seit dem Kalten Krieg offenbar militärische Stärke zeigen. Auch NATO-Staaten hatten zuletzt zum Ärger Russlands im Osten Europas immer wieder Manöver abgehalten, darunter auch in der Ukraine. US-Kriegsschiffe hatten sich wiederholt im Schwarzen Meer und damit auch in der Nähe Russlands aufgehalten. Russland kritisierte, dass die Schiffe sich dort länger als zulässig aufhielten.

Der russische Präsident Wladimir Putin erinnerte zuletzt daran, dass sich Moskau zu Zeiten des Kalten Krieges vor allem mit militärischen Drohgebärden Gehör und Respekt habe verschaffen können. Mitte November hatte die russische Marine auch Kriegsschiffe vor die Küste Australiens verlegt. Auf dem Kontinent hatte Putin am Gipfel der 20 führenden Industrienationen und Schwellenländer teilgenommen.

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