Russland: Putin sagt Amnestie für Kapitalflüchtlinge zu

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Bei seiner Rede vor dem russischen Parlament geißelte Präsident Putin die Sanktionen – und stellte Reformen in Aussicht.

Wien/Moskau. In seiner alljährlichen Rede vor dem russischen Parlament hat Wladimir Putin mit einem ungewöhnlichen Vorschlag der Kapitalflucht den Kampf angesagt. Der russische Präsident schlug einen Straferlass für Reiche vor, wenn diese ihr Kapital aus Steueroasen wieder nach Russland zurückbringen. Er stellte eine „vollständige Amnestie“ in Aussicht; die Vorschläge seien mit den entsprechenden Behörden bereits abgestimmt worden. „Wenn ein Mensch sein Kapital in Russland legalisiert, erhält er ganz sichere rechtliche Garantien, dass man ihn nicht durch die Instanzen zerren wird“, erklärte der russische Präsident. Diese Chance gebe es aber nur einmal, warnte Putin. Zahlreiche Russen haben Offshore-Kapital in Ländern mit günstigen Steuerbedingungen angelegt, wie zum Beispiel in Zypern.

In steuerlicher Hinsicht kündigte Putin Erleichterungen und weniger bürokratische Kontrollen für vorbildliche Firmen an. Unternehmer, so bekräftigte er, benötigten „transparente und vorhersehbare Regeln“. In ökonomischer Hinsicht werde man künftig Kooperationen mit afrikanischen, lateinamerikanischen und nahöstlichen Staaten ausweiten. Auch Hochtechnologie will er forcieren: „Unsere Entwicklung hängt in erster Linie von uns selbst ab.“

EU-Sanktionen nur ein „Vorwand“

Putins Rede war wegen des dramatischen Rubelkursverfalls von den Märkten mit Spannung erwartet worden. Nach dem dramatischen Absturz in den vergangenen Wochen geriet die russische Währung am Vormittag zunächst noch einmal mehr gehörig unter Druck (siehe nebenstehenden Artikel). Vor allem Putins Aussagen, dass die westlichen Nationen die Ukraine-Krise verursacht hätten, ließen die russische Währung kurzfristig noch weiter sinken. Putin erklärte, dass die Sanktionen von Europäischer Union und den USA nur ein Vorwand seien. „Jedes Mal, wenn jemand glaubt, dass Russland zu stark, zu unabhängig geworden ist, werden sofort diese Instrumente angewendet.“

Putin vergleicht Krim mit Jerusalem

Sein Land wolle die Beziehungen zu Europa und den USA trotzdem nicht „abbrechen“. Moskau setze sich weiter für einen Dialog zwischen den Konfliktparteien in Kiew ein. Aber Russland werde sich nicht einer Unterwerfungspolitik des Westens beugen, sagte Putin. „Was in der Ostukraine geschieht, bestätigt die Richtigkeit unserer Haltung.“ Der Anschluss der Halbinsel Krim an Russland sei im Einklang mit dem Völkerrecht geschehen. Auch einen historisch schiefen Vergleich gestattete sich Putin in diesem Zusammenhang: „Für Russland hat die Krim große zivilisatorische und sakrale Bedeutung. So wie der Tempelberg in Jerusalem für die, die sich zum Islam oder zum Judentum bekennen.“ Russland hatte die Krim im März annektiert. Die Krim war vom russischen Zarenreich im 18. Jahrhundert erobert worden. Bedeutende orthodoxe Heiligtümer befinden sich nicht auf der Halbinsel, wohl aber die russische Schwarzmeerflotte. (ag./som)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2014)

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