Geopolitik: Der lukrative Lockruf der Seidenstraße

Serbian PM Vucic and China´s Premier Li review Serbian Army honour guard at the Palace of Serbia in Belgrade
Serbian PM Vucic and China´s Premier Li review Serbian Army honour guard at the Palace of Serbia in Belgrade(c) REUTERS (DJORDJE KOJADINOVIC)
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China umwirbt die Länder Ost- und Südosteuropas mit Billigkrediten und Großprojekten und stieß auf dem Balkan auf Widerhall.

Belgrad. Noch holpern die Züge vom serbischen Belgrad in Ungarns knapp 400 Kilometer entfernte Hauptstadt, Budapest, acht Stunden lang zu ihrem Ziel. Doch ausgerechnet mit chinesischer Hilfe soll das Zeitalter der Hochgeschwindigkeitszüge nun selbst den strukturschwachen Balkan erreichen. Schon bis Juni 2017 werde die neue Schnellbahntrasse fertiggestellt sein, versicherte Serbiens Premier, Aleksander Vucić, am Mittwoch nach der Unterzeichnung des 1,5 Milliarden Euro schweren Investitionsabkommens mit seinen chinesischen und ungarischen Amtskollegen: „Der Zug wird schneller als das Auto sein.“

Zum dritten Mal hatte China den finanzschwachen Osten des Kontinents in Belgrad zu dem am Mittwoch beendeten „16+1-Gipfel“ gebeten. Für einen Regierungschef wäre es schwer, die 16 Partnerstaaten Mittel- und Südosteuropas in drei Tagen zu besuchen, umschrieb Li Manchang, Chinas Botschafter in Belgrad, dessen Sinn. Für die Zusammenarbeit mit den Staaten der Region sei der Gipfel der „wichtigste Antriebsmotor“, so der noch bis Donnerstag in Serbien weilende „Gastgeber“, Premier Li Kequiang: China habe „solide Devisenreserven“, um die Bedürfnisse nach Infrastruktur und Investitionen zu befrieden.

Peking will Einfluss in Region stärken

Tatsächlich stand wie bei den vorherigen Gipfeln in Warschau und Bukarest auch in Belgrad das Bestreben Chinas im Mittelpunkt, über die Ausweitung der Wirtschaftskooperation auch den Einfluss in der Region zu stärken. Die Partner lockt China mit Billigkrediten für in eigener Regie realisierte Großprojekte: Vor allem im ausgedorrten EU-Vorhof findet der milliardenschwere Lockruf der Seidenstraße gern Gehör.

Kostspielige Infrastrukturprojekte können die angeschlagenen EU-Anwärter kaum allein stemmen. Die Kredite und Hilfsgelder der EU, der USA und der Weltbank vermögen den immensen Bedarf kaum zu decken – und werden oft nur unter strengen Auflagen vergeben. Die vor allem in Serbien und Ungarn in das in die Sanktionskrise gerutschte Russland gesetzten Hoffnungen haben nach dem Aus für die Gaspipeline South Stream einen erheblichen Dämpfer erlitten. Die Mittel aus China sind denn auch hochwillkommen.

Keine Gratisgeschenke

Doch umsonst verteilt auch Peking keine Geschenke. Die Kosten des von China vorfinanzierten Baus von Autobahnen, Kraftwerken oder Autobahnen haben die Empfänger zu tragen. Und ausgeführt werden die Arbeiten fast ausschließlich von chinesischen Baukonsortien: Vielleicht auch darum werden die in chinesischer Regie realisierten Großprojekte ohne größere Korruptionsfallen meist relativ kostengünstig und für die Region ungewöhnlich termingerecht durchgeführt.

Noch bewegen sich Pekings Wirtschaftsbeziehungen mit der Region auf eher bescheidenem Niveau: Chinas Handelsvolumen mit allen 16 Partnerländern entspricht zusammen dem Warenaustausch mit Italien. Doch von westlichen Diplomaten wird Chinas kreditgespeiste Charme-Offensive eher misstrauisch beäugt: Peking wolle die gemeinsame Politik Europas gegenüber China untergraben, so die Furcht. Die Freude über Chinas Kreditsegen wird bei den Empfängern derweil durch die ausufernde Staatsschuld getrübt. Der von China finanzierte Autobahnbau nach Montenegro müsse die letzte Station der Verschuldung sein, meint die Zeitschrift „NIN“: Serbien müsse eine „innovativere Zusammenarbeit mit China“ suchen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2014)

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