Putin: "Das Volk unterstützt meine Politik"

Wladimir Putin erklärt die Welt.
Wladimir Putin erklärt die Welt.(c) APA/EPA/MAXIM SHIPENKOV
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Russlands Präsident vergleicht vor der Weltpresse die Nato-Osterweiterung mit dem Kalten Krieg und Russland mit einem Bären, dem man Ketten anlegen will.

Es ist ein Großereignis, mehr als 1200 Journalisten sind akkreditiert: Wladimir Putin stellt sich derzeit in Moskau den Fragen der Weltpresse. In seinen ersten Ausführungen greift der Kremlchef den Westen scharf an, kündigte aber auch einen gewissenhafteren Umgang mit der eigenen Opposition an.

Sein ganzes Bestreben gelte dem Zusammenhalt der Gesellschaft, sagte Putin am Donnerstag vor Journalisten in Moskau. Auch er müsse im Umgang mit der Opposition gewissenhafter vorgehen, räumte der Staatschef ein. Dies werde er künftig berücksichtigen. Im Großen und Ganzen würde das Volk seine Außen- und Innenpolitik unterstützen. Der Staatschef betonte, in Russland werde selbst nicht gegen Gegner der offiziellen Ukraine-Politik vorgegangen. In Europa geschehe aber das Gegenteil. Dort würden Auftritte russischer Künstler verboten.

"Haben keine Paläste"

Anzeichen für eine "Palastrevolte" sieht Putin in seinem Land keine. "Was Palastrevolten angeht, können Sie ganz beruhigt sein", sagte Putin auf die Frage eines Journalisten, ob er möglicherweise die Unterstützung der Eliten verlieren und dann gestürzt werden könnte. "Wir haben keine Paläste, darum kann es keine Palastrevolte geben", sagte Putin.

Ein Jahr nach der Freilassung des früheren Öl-Managers Michail Chodorkowski hat der russische Putin seinem Kritiker das Recht auf politische Betätigung zuerkannt. "Das ist seine Wahl", sagte Putin am Donnerstag in Moskau vor Journalisten. Chodorkowski hatte sich zuletzt als Regierungschef ins Spiel gebracht und auch eine Kandidatur bei der Präsidentenwahl nicht ausgeschlossen. "Wo will er denn kandidieren?", fragte Putin unter dem Gelächter der kremltreuen Presse.

Putin und der Bär

Gefragt, ob die russische Annexion der Krim-Halbinsel  im März mit der derzeitigen Lage seines Landes Zusammenhänge, machte Putin den Bären-Vergleich: Der Bär, also Russland, wolle einfach nur ruhig und entspannt in den Wäldern sitzen und seinen Honig und seine Beeren naschen. Aber "sie", also der Westen, würden das nicht zulassen. Stattdessen würden sie ständig versuchen, dem Bären, also Russland, Ketten anzulegen und ihm die Reißzähne zu ziehen. "Soll der Bär zum 'ausgestopften Tier' verkommen?", fragte Putin am Ende seiner Analogie.

Der russische Präsident verglich außerdem die Erweiterung der Nato nach Osteuropa mit dem Beginn eines neuen Kalten Krieges. Der Aufnahme der osteuropäischen Staaten in das Militärbündnis sei wie der Bau einer neuen Berliner Mauer, sagte Putin am Donnerstag in Moskau. Weiters erklärte er, Russlands Haltung zur Ukraine sollte den Partnern verdeutlichen, dass sie den Bau einer neuen Mauer stoppen sollten.

Putin räumte ein, dass Russen in der Ostukraine an der Seite der Rebellen kämpfen. Und er äußerte Verständnis für sie: "Alle Menschen, die dem Ruf des Herzens folgen oder freiwillig an irgendeinem Kampf teilnehmen - einschließlich in der Ukraine - sind keine Söldner, da sie dafür kein Geld bekommen."

Der Kremlchef rief die ukrainische Regierung mit Nachdruck auf, die Wirtschaftsblockade der Separatistengebiete sofort aufzuheben. "Die Versuche der Führung in Kiew, die Lage mit einer Blockade zu lösen, sind aussichtslos und schädlich - auch für das ukrainische Volk", meinte Putin.

Putin will Gefangenenaustausch

Die Regierung in Kiew führe im Osten eine "Strafaktion" durch und sei verantwortlich für das Blutvergießen und die Eskalation. "Nicht die Volkswehr im Osten hat ihre Einheiten gegen Kiew gerichtet, sondern im Gegenteil: Die ukrainische Regierung hat ihre Streitkräfte nach Osten geschickt und verwendet Artillerie und Luftwaffe", kritisierte Putin. Er sprach sich für einen umfassenden Gefangenenaustausch zwischen der Armee und den Aufständischen noch vor Weihnachten aus. "Die Menschen sollten unbedingt das Neue Jahr mit ihren Familien feiern", sagte er.

Er habe den Eindruck, dass der ukrainische Präsident Petro Poroschenko an einer politischen Lösung interessiert sei. "Die Aussagen anderer ukrainischer Politiker, dass man kämpfen müsse bis zum bitteren Ende, lassen aber am Erfolg zweifeln", sagte Putin. Er forderte eine schnelle Wiederaufnahme der Friedensgespräche aller Konfliktparteien in der weißrussischen Hauptstadt Minsk. In der Diskussion ist derzeit eine neue Runde an diesem Sonntag.

Das drängendste Problem Russlands ist derzeit der Rubel-Verfall, der sich am Donnerstag fortsetze. Putin erklärte, die Krise der Wirtschaft könne zwei Jahre dauern. Staatliche Maßnahmen seien nötig (mehr dazu hier).

Der Medienprofi Putin

Putin überlässt bei seiner jährlichen Pressekonferenz nichts dem Zufall. Der Präsident habe sich intensiv auf die im Staatsfernsehen live übertragene Fragestunde zu innen- und außenpolitischen Themen vorbereitet, sagte sein Sprecher Dmitri Peskow. Es ist bereits die zehnte Pressekonferenz dieser Art in Putins 15 Jahren an der Macht. Im vergangenen Jahr dauerte das Spektakel im World Trade Center am Fluss Moskwa mehr als vier Stunden. An dessen Ende hatte Putin die bevorstehende Freilassung von Michail Chodorkowski angedeutet.

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