Um Venezuela wird es einsam

Venezuela's President Maduro speaks during a rally to reject the sanctions that the U.S. government seeks to impose to officials accused of human rights violations, in Caracas
Venezuela's President Maduro speaks during a rally to reject the sanctions that the U.S. government seeks to impose to officials accused of human rights violations, in CaracasREUTERS
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Kubas Bündnisgenossen in Caracas hängen angesichts des verfallenden Erdölpreises noch tiefer in den Seilen als zuletzt. Das ist einer der Gründe, warum sich die Führung in Kuba nun an die USA annähert.

Barack Obamas Entscheidung, die Konfrontation mit Kuba zu beenden, war aus mehreren Gründen überfällig, auch wenn der kubanische Staatschef Raúl Castro zu Recht betont: Wirklich überwunden ist die Feindschaft erst, wenn der republikanisch dominierte US-Kongress der vollständigen Aufhebung des Handelsembargos zustimmt.

Es war ein Widerspruch, dass die USA mit kommunistischen Diktaturen wie China oder Vietnam diplomatische und ökonomische Beziehungen pflegen, gleichzeitig Kuba ächten, das längst keine Gefahr mehr darstellt. Der von Exilkubanern und Republikanern erhobene Vorwurf, Obama sei vor dem Tropensozialismus in die Knie gegangen, ist deshalb unsinnig. Vielmehr bescherte die US-Konfrontationspolitik dem Regime in Havanna eine goldene Ausrede für eigenes ökonomisches Versagen. Die Haltung der USA schadete Kubas Bevölkerung, während sie dessen Regierung unter dem Strich nützte. Nichts kommt einem bedrängten Regime so gelegen wie ein äußerer Feind.

Dass Havanna eingewilligt hat, künftig auf diesen Feind zu verzichten, beweist Raúl Castros Pragmatismus. Schon immer hat man vermutet, Fidels jüngerer Bruder strebe insgeheim das sogenannte vietnamesische Modell an, also eine Kombination aus Einparteienherrschaft und Marktwirtschaft.

Schritte in diese Richtung konnte er sich erst erlauben, nachdem ihm Fidel 2006 wegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung die Macht abgetreten hatte. Die Aussöhnung mit den USA ist das wichtigste Element einer Reformpolitik, die dem kubanischen Volk allerdings weder Meinungsfreiheit noch Parteienpluralismus gebracht hat.


Ausdauernde Castros. Ob die castristische Diktatur nach einer Aufhebung der Handelsblockade unterspült würde, dürfte nun beidseits der Meerenge von Florida die Spekulationen anheizen. Die Erfahrung aus 56 Jahren zeigt: Die Castros sind ausdauernder, als es selbst gestandene Experten jemals gedacht hätten. Und es gibt keine Anzeichen für ernsthaften Widerstand innerhalb der kommunistischen Partei oder der Armee. Es spricht also einiges dafür, dass sich die Demokratiefrage in Kuba nicht jetzt stellt, sondern erst nach dem Ableben von Raúl und Fidel Castro.

Die Versöhnungsbereitschaft des kubanischen Staatschefs hängt auch mit den jüngsten Entwicklungen in Venezuela zusammen. Der Verfall des Erdölpreises und die selbst verschuldete ökonomische Misere gefährden die Stabilität der dortigen Regierung. Selbst wenn sich der venezolanische Präsident Nicolás Maduro vorläufig an der Macht halten kann, fällt es ihm immer schwerer, seine ideologischen Bündnisgenossen zu stützen. Kuba droht ein Szenario wie in den 1990er-Jahren, als seine Wirtschaft nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in eine beispiellose Krise schlitterte. Die Öffnung gegenüber den USA ist auch ein Versuch, dieses Schreckgespenst zu vertreiben.

Die kubanische Regierung wird künftig auf jene antiimperialistische und antiamerikanische Rhetorik verzichten, mit der Maduro seine ausgelaugte Bevölkerung gegen den Superfeind aus dem Norden zu mobilisieren versucht. Um Venezuela wird es einsam. Vielleicht kann aber Kuba im Streit zwischen Caracas und Washington vermitteln. Noch vor einer Woche hätte man eine solche Vermutung als reine Fantasterei abgetan.

verbündete

Venezuela war in den vergangenen zwei Jahrzehnten einer der wichtigsten Unterstützerstaaten des kubanischen Regimes.

Hugo Chávez, der Präsident Venezuelas, hatte eine enge Beziehung zu Kubas Revolutionsführer Fidel Castro, der aus Gesundheitsgründen 2008 die Regierungsgeschäfte seinem Bruder Raúl Castro übertrug. Chávez verstarb im März 2013. Wegen des sinkenden Ölpreises sind die Möglichkeiten Venezuelas zuletzt geringer geworden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2014)

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