Schottland: Sieg in der Niederlage

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Die schottischen Nationalisten sind seit dem gescheiterten Referendum im Hoch - und werden London weiter herausfordern.

London. Seit die schottischen Nationalisten die Volksabstimmung über die Unabhängigkeit im September verloren haben, eilen sie von Erfolg zu Erfolg. Aus Angst vor einem Zerfall des Vereinigten Königreichs hatten die Londoner Parteien kurz vor dem Referendum eine Ausweitung der Selbstbestimmungsrechte Schottlands versprochen. Ende November wurde ein Reformpaket vorgestellt, das den Schotten genau jene Rechte wie Hoheit über die Einkommensteuer zugesteht, die Premier Cameron vor zwei Jahren noch bekämpft hat.

Der Scottish National Party (SNP) gehen die Zusagen freilich nicht weit genug. Die erfolgreich installierte neue Regierungschefin Nicola Sturgeon sprach von einer „Enttäuschung“. Das illustriert das gewaltige Selbstbewusstsein der SNP. Während die Konkurrenzparteien ums Überleben kämpfen, hat sich die SNP-Mitgliederzahl seit dem Referendum mehr als vervierfacht. Laut Umfragen wird die SNP bei der nächsten Wahl in Schottland nicht nur die absolute Mehrheit gewinnen, sondern Labour 20 von derzeit 41 Sitzen abnehmen und damit zum Zünglein an der Waage werden. Würde heute erneut über die Unabhängigkeit abgestimmt, hätten die Befürworter eine klare Mehrheit. „Der Traum wird niemals sterben“, wie Sturgeons Vorgänger, Alex Salmond, in seiner Abschiedsrede sagte. Dass auch die politische Auseinandersetzung nicht vorbei ist, zeigt sich daran, dass Salmond nach der Wahl im Mai ins Londoner Unterhaus wechseln wird. Schon wird über die Duldung einer Labour-Minderheitsregierung durch die SNP gemunkelt. Salmond zeigte sich in einem „Times“-Interview überzeugt, „noch zu meiner Lebenszeit die Unabhängigkeit Schottlands zu erleben“. Am 31. Dezember wird er 60 Jahre alt. (gar)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.12.2014)

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