Frankreich entsendet Flugzeugträger gegen Islamisten

Die Charles de Gaulle und zwei ihrer Flugzeuge (oben: Super Etendard, unten: Rafale)
Die Charles de Gaulle und zwei ihrer Flugzeuge (oben: Super Etendard, unten: Rafale)meretmarine.com
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Die "Charles de Gaulle" nahm am Mittwoch von Toulon aus Kurs auf den Persischen Golf, um von dort aus Luftangriffe gegen das IS-Kalifat zu starten.

Nun ist es gewiss: Ungeachtet - oder trotz - der blutigen Terroranschläge von Paris von voriger Woche entsendet die französische Marine den nuklear betriebenen Flugzeugträger "Charles de Gaulle" in den Persischen Golf, um die internationale Militärallianz gegen den Islamischen Staat (IS) in Syrien und im Nordirak zu stärken und von dem Träger aus Luftangriffe gegen den IS zu fliegen.

Die Verlegung des Schiffes mit seinen 38.000 Tonnen Verdrängung (leer) und einer Kapazität für etwa 40 Flugzeuge und Hubschrauber war bereits seit längerer Zeit geplant worden; sie hatte schon vor den Anschlägen als heikel, ja nicht einmal als ganz sicher gegolten: Die Ausweitung des französischen Beitrags in der von den USA angeführten Anti-IS-Allianz könne, hieß es, "Repressalien" seitens der Islamisten hervorrufen. Daher sei es möglich, den Einsatz "neu zu bewerten", falls es die Umstände verlangten - sprich: Ihn im Extremfall abzublasen.

Doch angesichts des Terrors in Paris, der insgesamt 20 Todesopfer (inklusive der drei Attentäter) forderte, beschloß die Staatsspitze, Haltung zu bewahren und nicht einzuknicken. In den vergangenen Tagen hatte es auch vielerorts Aufforderungen gegeben, die Charles de Gaulle, die seit 2001 in Dienst steht, nicht "feige" zurückzuhalten.

Ansprache von Hollande auf dem Träger

Am Mittwoch wurde Präsident Francois Hollande per Hubschrauber auf das Schiff, das noch vor Toulon im Mittelmeer lag, geflogen, und hielt dort die alljährliche Rede des Präsidenten an die Streitkräfte zum Jahreswechsel. Dabei betonte Hollande, Frankreich werde sich dem Terror nicht beugen, sein militärisches Engagement im Nahen Osten nicht nur mit dem Flugzeugträger verstärken und weiter die "Werte der Republik" wie Freiheit, freie Meinungsäußerung und respektvolles Zusammenleben verteidigen. Man werde auch Kürzungen im Militärbudget und in der Mannstärke der Streitkräfte, die erst vorigen Oktober beschlossen worden waren, angesichts der geänderten Umstände einer "Revision" unterziehen.

Später fuhr der Träger los, er soll via Suezkanal Anfang Februar den Persischen Golf erreichen und sich ganz im Norden nahe irakischer Gewässer positionieren.

Die Charles de Gaulle am Dienstag vor Toulon
Die Charles de Gaulle am Dienstag vor Toulonmeretmarine.com

Die Charles de Gaulle, das größte Kriegsschiff Europas, wird von zwei Fregatten zur Luftverteidigung und U-Boot-Abwehr, einem U-Boot und einem Versorger als Eskorte begleitet. Sie soll laut Angaben der französischen Marine derzeit an kampftauglichen Fluggeräten zwölf moderne Jagdbomber vom Typ "Rafale" und neun ältere, aber kampfwertgesteigerte Dassault "Super Étendard"-Jets an Bord haben; ihre übrigen Fluggeräte sind Aufklärer, Radar-Frühwarnflugzeuge und Hubschrauber. Auch die USA haben im Golf einen Flugzeugträger im Einsatz, derzeit die USS "Carl Vinson", ein weit größeres Schiff (rund 100.000 Tonnen) mit Platz für etwa 90 Flugmaschinen.

Charlie für Charlie

Marinebeobachter weisen übrigens darauf hin, dass das Kürzel der Charles de Gaulles im internationalen maritimen Funkverkehr "CG" bzw. "Charlie Golf" laute - angesichts des Anschlags auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" ist das Faktum wohl nicht ganz unsymbolisch. Symbolisch ist auch, dass ein britisches Kriegsschiff, die U-Jagd-Fregatte HMS "Kent", in der Nähe von Suez als Eskorte zum französischen Geschwader stoßen und eine dessen Fregatten, die "Montcalm", ablösen wird; letztere soll danach in den Gewässern vor Syrien patrouillieren.

Wie weit die Ausweitung des französischen Militäreinsatzes gegen den IS terroristische Reaktionen zeitigen wird, bleibt abzuwarten. Fakt ist, dass Frankreich spätestens seit dessen Militärintervention in Mali im Jänner 2013, als es galt, dort vorrückende Islamistenmilizen zurückzuschlagen, von Terrorbanden wie Al-Kaida ins Visier genommen wird. Seit Beginn des Mali-Einsatzes drohten Islamisten mit Vergeltung. Einer der drei Attentäter von Paris, Amedy Coulibaly, war malischer Herkunft. Vor seinen Geiseln in einem jüdischen Supermarkt gab er als Grund für seine Tat unter anderem Frankreichs Intervention in Mali und jenen gegen den IS an. Coulibaly wurde von der Polizei erschossen, nachdem er in dem Geschäft vier Menschen getötet hatte.

Die Charles de Gaulle vor Toulon
Die Charles de Gaulle vor Toulonmeretmarine.com

Dem Luftkrieg gegen den IS, der im August 2014 begonnen hatte, hatte sich Frankreich als erstes europäisches Mitte September angeschlossen. Die Franzosen setzen derzeit im Kern neun Dassault "Rafale"-Jagdbomber von Basen in den Vereinigten Arabischen Emiraten und sechs Dassault "Mirage 2000" von Jordanien aus ein, bisher nur gegen Ziele im Irak. Der IS hat seither mehrfach gezielt zu Anschlägen in Frankreich aufgerufen, Coulibaly bezeichnete sich als Mitglied des IS. Die beiden anderen später erschossenen Attentäter, die Brüder Cherif und Said Kouachi, werden mit Al-Kaida im Irak und im Jemen in Verbindung gebracht.

An den Luftangriffen gegen den IS, die diesem langsam, aber sicher schwer zusetzen, nehmen derzeit mehr als ein Dutzend Staaten mit vorwiegend landgestützten Flugzeugen teil, so etwa auch Belgien, Italien, Australien, Kanada und arabische Staaten wie Jordanien, Katar, Saudiarabien und Marokko. Einige Staaten leisten bloß logistische Hilfe und/oder senden Material und Ausbildungspersonal, etwa Deutschland und Spanien.

Jordanischer Pilot als IS-Geisel

Die Verluste der Koalition sind bisher bemerkenswert gering: Eine F-15 der US-Luftwaffe wurde durch Beschuss aus Luftabwehrkanonen beschädigt, eine amerikanische F-16 stürzte auf dem Rückflug von einem Einsatz angeblich wegen eines technischen Defekts ab, der Pilot starb. Eine jordanische F-16 ging am 24. Dezember über IS-Gebiet verloren, ob durch Abschuss oder Defekt, ist unklar. Der Pilot ist seither Geisel des IS, zwei Kommandoaktionen von Spezialkräften der USA und Jordaniens zu seiner Befreiung scheiterten bisher. (WG)

Rafales auf dem Flugdeck
Rafales auf dem FlugdeckMarine Nationale

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