Mohammed-Karikatur: Hetzjagd auf türkische Journalisten

TURKEY CUMHURIYET NEWSPAPER PROTEST
TURKEY CUMHURIYET NEWSPAPER PROTESTAPA/EPA/SEDAT SUNA
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Die Zeitung „Cumhuriyet“ hat das Cover der neuen „Charlie Hebdo“-Ausgabe nachgedruckt. Deshalb ermittelt jetzt die türkische Staatsanwaltschaft gegen die Journalisten Ceyda Karan und Hikmet Çetinkaya.

Wien/Istanbul. In den sozialen Netzwerken brach die Hölle aus: Fotomontagen tauchten auf, die die Journalistin Ceyda Karan als Schwein und als Teufel verunglimpfen. Karan wurde wüst beschimpft, wurde mehrfach mit dem Umbringen bedroht. Die türkische Zeitung „Cumhuriyet“ hatte neben den Kommentaren Karans und ihres Kollegen Hikmet Çetinkaya das Cover der neuen Ausgabe der Satirezeitung „Charlie Hebdo“ nachgedruckt. Es zeigt eine Karikatur des Propheten Mohammed. Damit sind die beiden Journalisten Ziel einer wilden Hetzjagd geworden.
Jetzt hat auch die türkische Justiz reagiert. Doch anstatt die Journalisten vor den Morddrohungen und den Gewaltaufrufen im Netz zu schützen, ermittelt die Staatsanwaltschaft nun gegendie beiden – wegen angeblicher „Verhetzung“.

„Ich glaube an die Meinungsfreiheit, gerade nach dem Massaker in Paris“, meint Ceyda Karan zur „Presse“. Deshalb sei man verpflichtet gewesen, die Karikatur zu bringen. „Ich habe das auch in meiner neuen Kolumne erklärt: Der Cartoon, den wir abgedruckt haben, hat nichts mit Hass oder einer Beleidigung zu tun.“
„Charlie Hebdo“ hatte die Karikatur als Reaktion auf den verheerenden Terrorüberfall auf die Charlie-Redaktion vergangene Woche veröffentlicht. Die Zeichnung zeigt allem Anschein nach den Propheten Mohammed, der eine Träne vergießt und ein Schild hochhält, auf dem „Je suis Charlie“ (Ich bin Charlie) steht. Darüber ist geschrieben: „Alles ist verziehen.“

Für viele Beobachter transportiert der Cartoon damit eine versöhnliche Botschaft. Doch für viele Muslime gilt schon jede Abbildung des Propheten als Tabu.
„Jeder Mensch hat etwas, was ihm heilig ist. Für mich als Journalistin ist das, sich frei auszudrücken zu können“, sagt Karan. „Jeder hat zugleich das Recht, etwas nicht zu mögen und auch dagegen zu protestieren, aber ohne Gewalt gegen jemanden auszuüben.“

Bei den Ermittlungen gegen die Journalistin und ihren Kollegen Çetinkaya greift die Staatsanwaltschaft auf Paragraf 216/3 des türkischen Strafrechts zurück. 216 regelt die Tatbestände Verhetzung, Aufstachelung zu Hass und Beleidigung religiöser Gefühle. Gummiparagraf gegen Gegner Kritiker monieren, dass der relativ wage gehaltene Paragraf von der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP immer wieder missbraucht wird, um gegen unliebsame Personen vorzugehen, die angebliche Blasphemie verbreiten. So wurde etwa der türkische Komponist und Starpianist Fazil Say 2013 zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, weil er „religiöse Werte und Menschen mit religiösen Empfindlichkeiten öffentlich beleidigt“ habe.

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