Griechenland: Wahltriumph für Alexis Tsipras

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Das Linksbündnis Syriza gewinnt die Parlamentswahlen mit großem Vorsprung vor der bisher regierenden Nea Dimokratia. Ob es für die Absolute reichen wird, ist noch ungewiss.

Schwere Niederlage für die konservative Partei Nea Dimokratia unter Ministerpräsident Antonis Samaras, glänzender Wahlsieg für das radikale Linksbündnis Syriza von Alexis Tsipras: Das ist das vorläufige Resultat der griechischen Parlamentswahlen auf Grundlage der Auszählung von 35,8 Prozent der Stimmen von gestern Abend. Syriza kann demnach mit 35,7 Prozent Zustimmung rechnen, Nea Dimokratia (ND) mit 28,6 Prozent der Wählerstimmen.

Offen ist das Rennen um die dritte Stelle. Die rechtsextreme Goldene Morgenröte (6,4 Prozent), die in den Umfragen der vergangenen Wochen deutlich unterschätzt wurde, liegt knapp vor der neuen Reformpartei Potami (Fluss) des Journalisten Stavros Theodorakis. Weiters im Parlament vertreten dürften die kommunistische Partei Griechenlands, die sozialistische Pasok und die Unabhängigen Griechen (Anel) von Panos Kammenos sein. Ob die „Bewegung der demokratischen Sozialisten“ des ehemaligen Pasok-Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou die Drei-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament überspringt, bleibt offen.

Bonus-Sitze für den Wahlgewinner

Dem Sieger – also Syriza – steht laut griechischem Wahlgesetz ein Bonus von 50 Parlamentssitzen zu. Ob es zur absoluten Mehrheit von 151 Stimmen im 300-köpfigen Parlament reicht, ist noch offen. Das hängt auch von der Zahl der Parteien ab, die den Einzug ins Parlament schließlich schaffen. Erreicht Syriza die Absolute nicht, muss sie sich einen Koalitionspartner suchen. Anel und Pasok haben sich bereits als Partner ins Spiel gebracht. Die kommunistische Partei und die Rechtsextremen stehen für Koalitionen nicht zur Verfügung.

Nachdem Syriza im Dezember 2014 durch den Boykott der Staatspräsidentenkür im griechischen Parlament die Auflösung des Parlaments und damit Neuwahlen erzwungen hatte, war ihr Vorsprung in den Umfragen gegenüber den Konservativen geschmolzen. Doch die vorsichtige Wahlkampagne von Syriza, die auf Konsens und positive Signale wie Hoffnung  – und auf Wahlversprechen in alle Richtungen – setzte, scheint gegriffen zu haben, in den letzten Umfragen dieser Woche lag die Linkspartei wieder weit vorn. Tsipras nahm in seinen abschließenden Wahlkampfreden den Sieg bereits vorweg und kämpfte um eine absolute Mehrheit. Als Alexis Tsipras in seinem Wahllokal im Stadtteil Nikaia seine Stimme abgab, sorgten nationale und internationale Journalisten für ein lebensgefährliches Gedränge.

Der Wahlkampf der Konservativen Neo Dimokratia war ganz auf Antonis Samaras zugeschnitten, der defensiv agierte. Nur er und seine Partei seien Garant für eine reibungslose Überwindung der Schuldenkrise, wiederholte er immer wieder. Er versuchte vor allem, den rechten Rand der Partei für sich zurückzugewinnen, in Wahlspots schreckte die ND auch nicht vor Angstmache zurück. Insgesamt war es eine der schlechtesten Wahlkampagnen in ihrer Geschichte.

Die Goldene Morgenröte, deren Parteiführer wegen Bildung einer verbrecherischen Organisation im Gefängnis auf seinen Prozess wartet, hatte diesmal auf einen ausschließlich mit legalen Mitteln geführten Wahlkampf gesetzt. Neuland betreten viele Wähler mit der jungen Partei Potami, die links der Mitte steht und proeuropäisch ist. Sie formierte sich erst anlässlich der Europawahlen im Mai 2014 und konnte damals auf Anhieb zwei Abgeordnete ins Europaparlament entsenden. Nach wie vor im Abwärtstrend befindet sich die sozialistische Pasok unter Evangelos Venizelos. Die neu gegründete Partei von Giorgos Papandreou macht ihr schwer zu schaffen. Noch bei der Europawahl im Mai 2014 war sie auf acht Prozent gekommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2015)

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