Japan: IS verlangt Gefangenenaustausch

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Nach Köpfung einer der beiden japanischen Geiseln fordert der Islamische Staat die Freilassung einer in Jordanien inhaftierten Irakerin. Japans Regierung hält den Clip für echt.

Tokio/Wien. Shinzo Abe fand klare Worte. Die Ermordung des 42-jährigen Haruna Yukawa sei ein „abscheulicher und unverzeihlicher Terrorakt“, den er auf das Schärfste verurteile, erklärte der japanische Regierungschef. Japan geht damit von der Authentizität jenes Videos aus, das die Jihadistengruppe Islamischer Staat (IS) am vergangenen Samstag veröffentlicht hat.

Das knapp dreiminütige Video zeigt ein Standbild von Kenji Goto, der zweiten japanischen Geisel, die sich derzeit in der Gewalt des IS befindet. Goto hält ein Foto in den Händen, auf dem offenbar der Leichnam Yukawas zu sehen ist. Abe forderte die Geiselnehmer auf, den 47-Jährigen umgehend freizulassen. Das Leben von Goto habe „Priorität vor allem anderen“, sagte Abe am Sonntag in Tokio. Er ließ offen, wie Japan auf die Forderung der Terrormiliz Islamischer Staat nach einem Gefangenenaustausch reagieren werde. Abe berichtete aber, dass er in der Geiselkrise am Samstag mit dem jordanischen König Abdullah gesprochen habe. Dabei dürfte es um die am Samstag bekannt gewordene IS-Forderung nach der Freilassung einer in Jordanien inhaftierten radikalen Islamistin gegangen sein. Die Extremisten hatten zunächst 200 Millionen Dollar – 178,6Millionen Euro – Lösegeld für die beiden japanischen Geiseln gefordert, was Tokio umgehend zurückwies.

„Barbarischer“ Mord

Internationale Politiker verurteilten unisono die Ermordung des Gefangenen. US-Präsident Barack Obama verurteilte in einem Telefonat mit Abe den „brutalen Mord“ an Yukawa. Der britische Premierminister David Cameron zeigte sich entsetzt über die „mörderische Grausamkeit“ der IS-Miliz, Frankreichs Präsident François Hollande nannte den Mord „barbarisch“. Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zeigte sich „zutiefst erschüttert“ über das „abscheuliche Verbrechen“.

Die IS-Miliz hatte am vergangenen Dienstag ein erstes Video veröffentlicht, das die beiden Geiseln und einen Extremisten zeigte. Die Japaner sind kniend in der Wüste zu sehen, während ein mit britischem Akzent sprechender Mann droht, sie zu töten, sollte Tokio nicht binnen 72 Stunden die 200Millionen Dollar Lösegeld zahlen. Tokio lehnte die Zahlung von Lösegeld ab, das Ultimatum lief am vergangenen Freitag ab.

Hoffnung auf Überleben schwindet

Am Samstag erschien dann das zweite Video. Darauf ist offenbar Gotos Stimme zu hören. Er sagt, die Geiselnehmer wollten nun kein Geld mehr, sondern sie verlangten die Freilassung der Irakerin Sajida al-Rihawi, die in Jordanien im Gefängnis sitzt.

Das Video wurde nicht über die offiziellen IS-Kanäle veröffentlicht, es zeigt auch nicht wie sonst die schwarz-weiße Flagge der Jihadisten. Abe sagte am Sonntag, die Echtheit des Videos sei intensiv geprüft worden: „Leider müssen wir im Moment sagen, dass die Glaubwürdigkeit hoch ist.“ Er fühle mit der Familie Yukawas.

Yukawas Vater, Shoichi, sagte, er habe sich „völlig leer“ gefühlt, als er vom Tod seines Sohns erfahren habe. Der 74-Jährige entschuldigte sich zudem mehrfach bei Goto, der nach Syrien gereist sein soll, um Yukawa zu befreien. Es sei für ihn „sehr schmerzhaft“, dass Goto für seinen Sohn sein Leben riskiere. Gotos Mutter, Junko Ishido, sagte, sie habe nicht mehr viel Hoffnung, dass ihr Sohn überleben werde.

Es ist das erste Mal, dass Japan ins Visier des IS geriet. Das Land beteiligt sich nicht an der US-geführten Militärkoalition gegen die Jihadisten, die weite Teile des Iraks und Syriens beherrschen. Zuvor hatten die IS-Kämpfer bereits fünf westliche Geiseln getötet und dies in Videos gezeigt.

Zudem ermordeten Jihadisten in Algerien im September einen französischen Touristen, nachdem sie ein Ende der Angriffe auf die IS-Miliz gefordert hatten. Die Leiche von Herve Gourdel wurde Mitte Jänner gefunden und soll nach Angaben aus Behördenkreisen nun am Montag nach Frankreich gebracht werden. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2015)

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