Saudiarabien: Obamas Besuch bei den schwierigen Freunden

U.S. President Barack Obama stands with Saudi Arabia´s King Salman after arriving in Riyadh
U.S. President Barack Obama stands with Saudi Arabia´s King Salman after arriving in Riyadh(c) REUTERS (HANDOUT)
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Mit großer Delegation reiste Obama vom Kondolenzbesuch nach Riad. Themen wie der Iran trüben das Verhältnis.

Wien/Riad. Vier Stunden waren angesetzt für den Zwischenstopp der Air Force One in Riad, für einen symbolträchtigen Kondolenzbesuch samt Dinner im Königspalast mit einer hochkarätigen Tafelrunde. Eigentlich sollte US-Vizepräsident Joe Biden angesichts des Todes des saudischen Königs Abdullah die Trauer des Verbündeten in Washington bekunden, wie dies Usance ist in solchen Fällen. Nur beim Ableben Nelson Mandelas, eines seiner persönlichen Heroen, machte Barack Obama im Dezember 2013 eine Ausnahme, als er selbst zum Requiem im Fußballstadion in Johannesburg anreiste.

Wie groß die Bedeutung des Königshauses in Riad für die USA ist, belegt indessen der plötzliche Sinneswandel des Präsidenten. Obama brach eine Visite in Neu Delhi vorzeitig ab, um dem Hause Saud selbst die Reverenz zu erweisen. Der Aufstieg der Jihadisten-Miliz des sogenannten Islamischen Staates (IS), der Bürgerkrieg in Syrien, der kalte Staatsstreich im Jemen, die Atomverhandlungen mit dem Iran, der Ölpreis – in all diesen neuralgischen Fragen spielen die Scheichs auf der Halbinsel eine zentrale Rolle.

Obama hatte in Riad eine prominente Delegation im Schlepptau, der sich selbst sein einstiger Rivale John McCain anschloss. Der republikanische Senator, ein Falke und vehementer Kritiker der Außenpolitik Obamas, war erst jüngst wegen des Siegs seiner Partei bei den Kongresswahlen zum Vorsitzenden des prestigereichen außenpolitischen Ausschusses des Senats aufgerückt. Außenminister John Kerry, Sicherheitsberaterin Susan Rice und CIA-Chef John Brennan gingen mit dem neuen König Salman und seinem innersten Zirkel am Mittwoch ebenso auf Tuchfühlung wie hochrangige Kabinettsmitglieder von Präsident George Bush sen. und Sohn George W.: unter anderem Ex-Außenminister James Baker und Condoleezza Rice sowie Sicherheitsberater Brent Scowcroft.

Enge Bande mit dem Bush-Clan

Der Bush-Clan, der im Ölbusiness in Texas zu Reichtum gekommen war, pflegt mit den saudischen Regenten und ihrer weit verzweigten Dynastie von rund 5000 Prinzen seit Langem enge Beziehngen. Prinz Bandar bin Sultan, Saudiarabiens Langzeitbotschafter in den USA, ging in den politischen Salons im Diplomatenviertel Georgetown ein und aus und war bestens vernetzt in Washington. In den Nachwehen des 9/11-Terrors lud George W. Bush den saudischen Monarchen Abdullah auf seine Prairie Chapel Ranch im texanischen Crawford ein, was gemeinhin als Zeichen der besonderen Wertschätzung galt und ihn auf eine Stufe stellte mit Größen der Weltpolitik wie Tony Blair, Wladimir Putin, Angela Merkel oder Silvio Berlusconi.

Zu Beginn seiner ersten Amtszeit sorgte Barack Obama für eine Kontroverse in seiner Heimat, als die Republikaner seinen „Kniefall“ – eine zeremonielle Verbeugung – vor König Abdullah beim G20-Gipfel in London polemisch ausschlachteten. Diesmal begnügte sich Obama mit einem kurzen Nicken als Begrüßungsritual am Flughafen gegenüber König Salman. Als der US-Präsident 2011 im Zuge des Arabischen Frühlings den ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak über Nacht fallen ließ, zog sich Obama den Zorn Abdullahs zu. Auch Obamas Annäherungspolitik an den Iran verärgerte den König.

Ägypten und Iran sind nach wie vor Themen, die für Unstimmigkeiten zwischen Washington und Riad sorgen. Nachdem 2013 Ägyptens Militär die Macht übernommen hatte, verschlechterte sich das Verhältnis zwischen Kairo und Washington. Die saudischen Herrscher hingegen unterstützen die neue ägyptische Führung unter dem früheren Militärchef und jetzigen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi. Denn auch die Saudis sehen in der Muslimbruderschaft, die von Ägyptens neuen Herren zerschlagen worden ist, einen Feind – unter anderem, weil die sozialrevolutionären Elemente im Programm der Bruderschaft den Golfmonarchen suspekt sind.

Angst der Saudis vor iranischer Bombe

Mit Missfallen betrachten die saudischen Herrscher auch nach wie vor die zarten Annäherungsversuche Obamas an das iranische Regime. Das sunnitische Königshaus sieht im schiitischen Iran den Hauptrivalen im Kampf um die Vorherrschaft in der Region. Saudiarabien drängte die USA stets zu einem harten Vorgehen gegenüber Teheran. „Hackt der Schlange den Kopf ab“, forderte der verstorbene König Abdullah laut WikiLeaks bereits 2008. Hinsichtlich der Iran-Politik der USA fühlen sich die Saudis in einer Lose-Lose-Situation. Sollten die Nuklearverhandlungen schiefgehen und Teheran in den Besitz von Atomwaffen gelangen, wäre das für Riad ein strategischer Albtraum. Und sollten die Verhandlungen glücken und der Iran rehabilitiert werden, würden sich die Saudis einem gestärkten Konkurrenten gegenübersehen.

Washington wiederum macht sich angesichts der Geldflüsse aus Saudiarabien an Jihadisten in der Region – etwa an verschiedene extremistische Gruppen in Syrien – Sorgen. Die Führung in Riad ist zwar Teil der Anti-IS-Allianz und beteiligt sich an den Luftschlägen gegen die Jihadisten. Zugleich halten sich aber hartnäckige Gerüchte, der IS habe zumindest in der Anfangsphase massive finanzielle Hilfe aus dem reichen Golfstaat erhalten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2015)

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