Russland-Sanktionen: Athen legt sich mit EU an

Greek PM Tsipras smiles as he attends the first meeting of the new cabinet in the parliament building in Athens
Greek PM Tsipras smiles as he attends the first meeting of the new cabinet in the parliament building in AthensREUTERS
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Premier Tsipras distanziert sich von einer EU-Erklärung, in der Moskau Sanktionen angedroht werden - und will Tausende entlassene Beamte zurückholen. Tsipras spricht von einer "Regierung der nationalen Rettung".

Der neue griechische Regierungschef Alexis Tsipras hat sich in einer seiner ersten Amtshandlungen mit Brüssel angelegt. Konkret distanzierte er sich von einer gemeinsamen Erklärung der Staats- und Regierungschefs der EU zu möglichen neuen Sanktionen gegen Russland. Tsipras monierte am Dienstagabend in einer Erklärung, die Regierung in Athen sei vorher nicht konsultiert worden und die Verantwortlichen hätten die "normale Prozedur" umgangen.

Griechenland habe der gemeinsamen Erklärung der Staats- und Regierungschefs nicht zugestimmt, erklärte Tsipras' Büro. Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten Russland wegen der Eskalation im Ukraine-Konflikt in einer am Dienstagvormittag verbreiteten Erklärung mit neuen Sanktionen gedroht. Sie warfen Moskau darin "die fortdauernde und wachsende Unterstützung" der prorussischen Kämpfer in der Ostukraine vor und forderten die EU-Außenminister auf, "weitere restriktive Maßnahmen" in Betracht zu ziehen.

Tsipras erklärte dazu, er habe seinen Unmut über das Vorgehen in einem Telefonat mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini zum Ausdruck gebracht und auch Beschwerde bei den EU-Vertretungen in Athen eingelegt. Aus EU-Kreisen hieß es dazu, die übliche Verfahrensweise sei sehr wohl "respektiert" worden. In solchen Fällen sei es üblich, das Schweigen eines Mitgliedstaats - in diesem Fall offenbar Griechenlands - als Zustimmung zu werten.

"Regierung der nationalen Rettung"

Innenpolitisch kündigte Tsipras am Mittwoch in der ersten Kabinettssitzung an, sein Team werde eine "Regierung der nationalen Rettung" sein, die auch die Klientelwirtschaft beenden werde. Und Tsipras bekräftigte sein Ziel, mit den internationalen Geldgebern Schuldenerleichterungen auszuhandeln. Der Premier sagte, er werde keinen zerstörerischen Zusammenstoß mit den Gläubigern suchen. Ein Gespräch mit Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem am Freitag werde "produktiv" sein. Zugleich betonte er: "Unser Chef ist das Volk."

Der neue griechische Finanzminister Giannis Varoufakis bezeichnete die Aufnahme von immer mehr Krediten durch sein Land als aussichtslos. "Dieses Schneeballsystem muss aufhören", sagte er am Mittwoch bei der Übernahme seines Ministeriums. Die Geldgeber haben Griechenland nach seinen Worten "zu viel Geld" geliehen. Das Problem der griechischen Schulden müsse neu geregelt werden. "Das habe ich bereits Eurogruppenchef Dijsselbloem telefonisch gesagt und er hat Verständnis gezeigt", sagte Varoufakis. "Wir brauchen einen europäischen New Deal."

Tausende Neueinstellungen

Als eine ihrer ersten Amtshandlungen hatte die Regierung die Privatisierung des größten griechischen Hafens in Piräus gestoppt. Außerdem wurde der Verkauf des staatlichen Energieversorgers PCC auf Eis gelegt. Der Verkauf der Unternehmen ist Teil der Reform-Vereinbarungen mit den internationalen Geldgebern des pleitebedrohten Landes. Außerdem will die Regierung tausende im Zuge der Sparmaßnahmen entlassene Staatsbedienstete wieder einstellen. Dies teilte der stellvertretende Verwaltungsreformminister Giorgos Katrougalos am Mittwoch im griechischen Fernsehen mit.

Die Maßnahme sei ein Wahlversprechen des Linksbündnisses Syriza. "Wir werden sie (die Entlassungen) rückgängig machen", sagte Katrougalos. Wie viele ehemalige Staatsbedienstete wieder eingestellt werden sollen, blieb zunächst unklar. Allein 2014 waren 9500 entlassen worden.

Tsipras' linkes Parteienbündnis Syriza hatte am Sonntag die griechischen Wahlen gewonnen. Am Montag wurde er als neuer Ministerpräsident vereidigt.

(APA/dpa/Reuters)

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