Fromme Nationalisten sehen sich als Vertreter des „kleinen Mannes“

Leader of the right-wing Independent Greeks party and junior partner of the government, Panos Kammenos, arrives for a swearing in ceremony at the presidential palace in Athens
Leader of the right-wing Independent Greeks party and junior partner of the government, Panos Kammenos, arrives for a swearing in ceremony at the presidential palace in Athens(c) REUTERS (ALKIS KONSTANTINIDIS)
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„Hauptfeinde“ der mitregierenden Anel sind die von Brüssel verordnete Sparpakete.

Athen. Die Ziele der rechtspopulistischen griechischen Anel („Unabhängige Griechen“) sind einfach: Sie setzen sich für die „Verteidigung des kleinen Mannes“ an und für die „nationalen Interessen“, zudem sehen sie sich als Feinde des Großkapitals.

Fast gebetsmühlenartig wettert ihr Chef und nun Verteidigungsminister Panos Kammenos gegen die Milchpreise, die von „Brüssel“ geregelt würden, oder setzt sich für die Interessen der Greißler gegen die Kaufhausketten ein. Die Klientel ist immer der kleine Mann, der kleine Selbstständige, der vom Einbruch des Konsums in Zeiten der griechischen Krise „wirtschaftlich zu Grunde gerichtet wurde“.

Der Feind der Rechtspopulisten ist stets die Modernisierung, die Rationalisierung, „die korrupte Staatsgewalt“. „Hauptfeind“ der Anel sind die Sparpakete der Regierung und die europäischen Gläubiger, die nach Ansicht der Rechtspopulisten für die „Aufgabe der griechischen Souveränität“ verantwortlich sind.

Nein zur Homo-Ehe

Die tief religiöse Partei mit starker Nähe zur orthodoxen Kirche ist gegen die Ehe von Homosexuellen. Die Partei tritt auch gegen die Verbrennung der Toten auf, die es wegen des Widerstandes der orthodoxen Kirche und trotz gesetzlicher Regelungen in der Praxis in Griechenland nach wie vor nicht gibt. Für Aufregung sorgte in den vergangenen Tagen eine Aussage von Kammenos, wonach Juden zu wenig Steuern zahlen würden. Wörtlich kritisierte er, dass kirchliche Einrichtungen aller Konfession – inklusive der griechischen jüdischen Gemeinde – von der neuen Grundsteuer ausgenommen seien. Die neue Immobiliensteuer ist ein rotes Tuch für kleine Grundbesitzer und folglich eines der Lieblingsthemen der Partei. Bei den Anel-Abgeordneten handelt es sich um eine heterogene Gruppe aus ehemaligen Parteigängern der konservativen Nea Dimokratia und „wütenden“ Bürgern.

Unfeine Methoden

Um seine Fraktion bei der gescheiterten Wahl des Staatspräsidenten auf Linie zu halten, wählte Kammenos im Dezember 2014 eine nicht gerade feine Methode: Er erklärte bei einer Pressekonferenz gemeinsam mit dem Schauspieler und Anel-Abgeordneten Pavlos Chaikalis, dass die Konservativen versucht hätten, den bekannten Schauspieler zu bestechen. Der darauf folgende Skandal machte es für andere Anel-Abgeordnete schwer, das Lager zu wechseln – sie wären sofort der Bestechung verdächtigt worden.

Es bleibt abzuwarten, ob Anel als Regierungspartei der unsauberen Methoden abgeschworen hat. (c.g.)

ZUR PERSON

Panos Kammenos ist seit 2012 Vorsitzender der rechtspopulistischen Partei Anel und neuer Verteidigungsminister Griechenlands. Der studierte Wirtschaftswissenschaftler begann seine politische Karriere bei der Nea Dimokratia. 1993 wurde er für sie erstmals ins griechische Parlament gewählt, 2012 verließ er die Partei. Heute präsentiert sich der 49-Jährige als Anwalt der kleinen Leute und wettert gegen das „korrupte Establishment“. Er gilt als Nationalist und schreckte auch vor antisemitischen Tönen nicht zurück. [Reuters ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2015)

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