Terror im Nordsinai: Zahlreiche Tote nach Serie von Attentaten

EGYPT SINAI ATTACKS
EGYPT SINAI ATTACKS(c) APA/EPA/ALAA ELKAMHAWI / ALMASRY (ALAA ELKAMHAWI / ALMASRY ALYOUM)
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Angreifer sehen sich als Teil des IS. Präsident al-Sisi bricht Auslandsreise ab.

Kairo. Die Angreifer hatten sich koordiniert. Fast zeitgleich attackierten die Jihadisten mit Granatwerfern, Raketen und einer Autobombe im Norden des Sinai Einrichtungen von Polizei und Militär. Mindestens 29 Menschen kamen dabei ums Leben, darunter 13 Zivilisten.

Wenige Stunden nach dem Anschlag zeichnete am Freitag die militante Organisation Ansar Beit El-Maqdis für die Angriffe verantwortlich. Im Dezember hatte sie erklärt, sie sei nun ein Teil des in Syrien und dem Irak operierenden Islamischen Staates (IS) und huldige dessen Anführer Al-Abu Bakr al-Bagdadi. Die Organisation erklärte sich zur IS-Provinz Sinai.

Die Attacken fanden während der TV-Übertragung eines Fußball-Lokalderbys zwischen zwei Kairoer Mannschaften statt – ein Grund, warum Soldaten und Polizisten möglicherweise abgelenkt waren. Angegriffen wurde unter anderem das Polizeihauptquartier in der Provinzhauptstadt El-Arisch, eine Kaserne, ein dortiges Hotel und ein Club der Armee. Bei dem Angriff soll auch das lokale Büro der staatlichen Tageszeitung „Al-Ahram“ zerstört worden sein.

An einem Checkpoint des Militärs wurde ein Major getötet, sechs Soldaten wurden verwundet. An einem weiteren Checkpoint südlich von Rafah explodierte ein Sprengsatz, mehrere andere Kontrollpunkte wurden mit Panzerabwehrgranaten beschossen. „Explosionen haben den Himmel erleuchtet, und für Stunden waren Schusswechsel zu hören“, berichteten Augenzeugen.

In einem Statement erklärte die ägyptische Armee, die Anschläge seien „das Ergebnis jüngster militärischer Erfolge seitens der Armee und der Polizei gegen terroristische Elemente im Nordsinai“. Die Lage erscheint jedoch alles andere als unter Kontrolle: Die koordinierten Angriffe am Donnerstagabend waren die bisher blutigsten im Nordsinai seit dem 24. Dezember, als bei Anschlägen 33 Soldaten und Polizisten getötet worden waren.

Dabei ist die Armee seither verstärkt worden. Eine ein Kilometer breite Pufferzone wurde in Rafah an der Grenze zum Gazastreifen eingerichtet, indem dort sämtliche Häuser geräumt und zerstört wurden. Der im Sinai geltende Ausnahmezustand mit einer nächtlichen Ausgangssperre ist erst vor wenigen Tagen verlängert worden. Die Maßnahmen haben das wirtschaftliche und soziale Leben im Nordsinai praktisch zum Stillstand gebracht, wie Betroffene berichten.

Erfolgsmeldungen der Armee

Ein Großteil der Informationen, die vom Nordsinai nach außen dringen, stammen von Armee oder Polizei. Meist sind das Erfolgsmeldungen, die sich nicht überprüfen lassen. Journalisten internationaler Medien ist der Zugang zu dem Gebiet seit Monaten untersagt.

Der ägyptische Präsident Abdel Fatah al-Sisi brach einen Besuch in Äthiopien vorzeitig ab, um nach Ägypten zurückzukehren. Das Gesundheitsministerium, das normalerweise dafür zuständig ist, offizielle Opferzahlen nach Anschlägen zu verkünden, erklärte diesmal, man sei nicht befugt, Zahlen zu verkünden – „aufgrund des militärischen Charakters der Vorfälle“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2015)

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