Ägypten: Neue Terrorwelle hält Großstädte in Atem

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150203 CAIRO Feb 3 2015 Investigators work on spot next to a shattered shop window in dow(c) imago/Xinhua (imago stock&people)
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In Alexandria und Kairo gehen Bomben hoch, auf dem Flughafen der Hauptstadt werden Sprengsätze entdeckt: Eine Anschlagsserie erschüttert das Land am Nil – und zielt wohl auf eine Investorenkonferenz im März.

Kairo. In Ägypten eskaliert die Terrorgefahr. Nach der bisher blutigsten Anschlagsserie am Wochenende mit mindestens 40 Toten auf dem Nordsinai nahmen die Gewalttäter die Ballungszentren am Nil sowie den Tourismus ins Visier.

In Alexandria starb ein 26-jähriger Passant, als vor einem Krankenhaus ein Sprengsatz hochging. Es gab zwei Verletzte. Auch vor einer Tankstelle der Metropole ging eine Bombe hoch. Im Zentrum Kairos, nahe des Tahrir-Platzes, explodierte eine Bombe im dichten morgendlichen Berufsverkehr. Es wurde niemand verletzt.

Auf dem Flughafen der Hauptstadt entdeckte die Polizei zudem zwei Bomben. Eine lag in der Ankunftshalle von Terminal3, wo Lufthansa und Egypt Air landen. Die andere konnte nahe einer Polizeistation auf dem Gelände entschärft werden. Bei den Sprengsätzen, die offenbar ferngezündet werden sollten, lag ein Zettel mit der Aufschrift „Warte auf uns im März“. Auf YouTube kursieren seit Tagen Ultimaten im Namen des Islamischen Staates an sämtliche Ausländer, internationale Organisationen und Botschaften, Ägypten umgehend zu verlassen.

Die Bombe im Zentrum von Kairo lag in einem Elektroverteilkasten auf der Qasr al-Nil-Straße versteckt, einer beliebten Einkaufsgegend mit zahlreichen Geschäften und Cafés. Hier war vor einer Woche die 33-jährige Demonstrantin Shaimaa Sabbagh bei einem Polizeieinsatz erschossen worden – ein Fall, der durch zahlreiche Fotos und Handyvideos dokumentiert ist und weltweit Schlagzeilen machte. Polizisten mit Spürhunden suchten den ganzen Vormittag die Umgebung nach weiteren Sprengsätzen ab, Hubschrauber kreisten über der Hauptstadt.

183 Todesurteile verhängt

Die Terroraktionen zielen offenbar auf eine Mitte März von der Regierung geplante große internationale Investorenkonferenz in Sharm el-Sheikh, auf der sich Ägypten eineinhalb Jahre nach dem Sturz Mursis durch das Militär wieder als stabil und zukunftssicher präsentieren will. Das schon einmal verschobene Treffen soll offenbar durch Terroraktionen gestört werden. Vor allem die schrankenlose Polizeiwillkür, die zahllosen Folterberichte aus den überfüllten Gefängnissen sowie das bizarre Agieren der Justiz haben Ägypten international tief in Misskredit gebracht.

So bestätigte Anfang der Woche ein Gericht in Kairo für 183 der ursprünglich 188 Angeklagten die bisher nur vorläufig verhängten Todesurteile. Die übrigen fünf wurden von der Todesliste gestrichen, zwei von ihnen sind bereits gestorben. Ein Minderjähriger bekam zehn Jahre Haft, es gab zwei Freisprüche. Die EU warf Ägypten vor, mit dem neuerlichen Massen-Todesurteil seine internationalen Menschenrechtsverpflichtungen zu verletzen. Auch die USA erklärten, man sei „tief besorgt“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2015)

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