Gegen den Staatschef gibt es – wieder einmal – einen Diskriminierungsvorwurf. Berichten zufolge durften ihn behinderte Restaurantmitarbeiter nicht bedienen.
Prag. Oberkellner Skřivánek aus einem Prager Luxushotel rühmt sich in dem bekannten Roman von Bohumil Hrabal, den englischen König bedient zu haben. Oberkellner Miroslav Čonda hätte wie die Romanfigur auch gern einen prominenten Gast bedient: Zwar kam kein Monarch, aber immerhin Präsident Miloš Zeman in das Kirnitzsch-Brauhaus des nordböhmischen Schönlinde. Aus Čondas Wunsch wurde trotzdem nichts.
Einem Bericht der tschechischen Zeitung „Právo“ zufolge hatten Beamte der Prager Burg vorab deutlich gemacht, dass der Präsident „nicht von Behinderten“ bedient werden dürfe. Und das ausgerechnet im schmucken Kirnitzsch-Brauhaus, in dem seit der Eröffnung vor eineinhalb Jahren mehrere behinderte Mitarbeiter ihr Geld verdienen. Restaurantchef Jan Srb bestätigte, dass er solche Wünsche mitgeteilt bekommen habe. Er habe dann in seiner Not Hotelfachschüler aus der Stadt Tetschen (Bodenbach) kommen lassen, die die hohen Gäste aus Prag bedienten.
Mitarbeiter freigestellt
Die Präsidialkanzlei bestritt am Mittwochvormittag schriftlich energisch solcherlei Forderungen. Der Zeitungsbericht enthalte „gezielte Desinformation“, mit denen das „Ansehen des Präsidenten in der Öffentlichkeit beschädigt werden“ sollte. Es steht Aussage gegen Aussage. Fakt ist, dass die behinderten Mitarbeiter des Restaurants am Dienstag während des Zeman-Besuchs freigestellt wurden. Während der Präsident und seine Begleitung speisten, stand ein Teil der behinderten Mitarbeiter draußen und protestierte gegen den hohen Besuch. Auf Transparenten hieß es unter anderem: „Behinderung ist keine freie Wahl!“ Und der behinderte Oberkellner Čonda erklärte: „Gäste und Chefs sind mit unserer Arbeit immer zufrieden gewesen. Auch mit einer Kollegin, die nur eine Hand hat und trotzdem serviert.“
Doch Zeman tat mehrmals seine ablehnende Haltung gegenüber der sogenannten sozialen Inklusion kund. Seiner Meinung nach sollten in Schulen Behinderte und Nichtbehinderte nicht zusammen unterrichtet werden. Das bremse die Nichtbehinderten und die Behinderten kämen mit dem Schulstoff nicht mit, blieben zurück, würden von den Nichtbehinderten ausgelacht und so gedemütigt. Ähnlich äußerte sich der Präsident nun beim Verlassen des Restaurants. Für Behinderte wären Spezialschulen besser, in denen die Klassen nicht so groß seien, die Lehrer mehr Zeit für sie hätten. Und diese Kinder wären vor Spott geschützt.
Miroslav Čonda und Kollegen durften übrigens am Dienstag dann doch noch arbeiten. Als der Präsident weg war, waren sie gut genug – zum Aufräumen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2015)