Nigeria: Neues blutiges Gemetzel der Boko Haram

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Die Terrorgruppe gerät unter Druck: Soldaten aus dem Tschad und Kamerun attackieren die Islamisten auf nigerianischem Gebiet. Als Vergeltung griffen sie eine Grenzstadt in Kamerun an. Zeugen berichten von Massakern.

Wien/Abuja. Wieder sind es Dutzende Opfer, die befürchtet werden, vielleicht sogar hunderte. Diesmal in einem Ort namens Fotokol in Kamerun, nur einen Katzensprung von der Grenze zu Nigeria entfernt. Dort hat die Regierung in Yaoundé Soldaten stationiert, die gegen die nigerianische Terrorgruppe Boko Haram kämpfen. Am Mittwoch griffen mehrere hunderte Islamisten den Stützpunkt an. „Wir konnten sie zurückdrängen“, erklärte ein Regierungssprecher am Donnerstag. Etwa 50 Terroristen seien getötet worden. Aber es sind auch Zivilisten unter den Opfern: Die Zahlen in den lokalen Medien schwanken zwischen 70 und 400.

Die Menschen seien „in den Moscheen, auf den Straßen und in ihren Häusern abgeschlachtet worden“, sagte ein Sprecher der kamerunischen Armee. Bei dem Angriff soll es sich um eine Racheaktion für eine Offensive der tschadischen Armee gehandelt haben. Nach den Massakern der vergangenen Wochen, besonders nach jenem in Baga Anfang Jänner, und immer häufigeren grenzüberschreitenden Aktionen der Boko Haram setzen die Nachbarstaaten Nigerias jetzt die Terrorgruppe unter Druck.

Erster Eingriff des Tschad

Am Wochenende haben Kampfhubschrauber aus dem Tschad den von Boko Haram kontrollierten Ort Gamboru bombardiert, der gegenüber von Fotokol auf der nigerianischen Seite der Grenze liegt. Tschadische und auch kamerunische Truppen lieferten sich am Dienstag dann auf nigerianischem Boden Gefechte mit den Islamisten. Es war das erste Mal, dass Soldaten aus dem Tschad die Grenze zu Nigeria überschritten haben, um dort gegen die Boko Haram vorzugehen. Die Verluste der Gegner bezifferte der Tschad mit 200 Mann.

Bei der tschadischen Truppe soll es sich um jene Einheiten handeln, die bereits in Mali an der Seite Frankreichs erfolgreich gegen die Islamisten gekämpft haben. Die erfahrenen und vergleichsweise gut ausgerüsteten Soldaten dürften weit besser gegen die Terrorgruppe vorgehen können als die im Norden Nigerias stationierten Truppen der nigerianischen Armee. Ihnen ist es bis zuletzt nicht gelungen, der zunehmenden Angriffe der Islamisten Herr zu werden. Am Wochenende konnten sie nur mit großer Mühe einen Angriff von Boko Haram auf die Millionenstadt Maiduguri abwehren.

Nicht nur in Kamerun, auch im Niger an der Grenze zu Nigeria sind Soldaten zum Kampf gegen die Terrorgruppe stationiert worden. Die Afrikanische Union (AU) hat vor wenigen Tagen beschlossen, eine regionale Kampftruppe von 7500 Mann auf die Beine zu stellen. Ob sie zustande kommt, ist allerdings alles andere als sicher. Es mangelt es an der Finanzierung, und ähnliche Beschlüsse wurden in der Vergangenheit nur sehr eingeschränkt umgesetzt. (raa)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2015)

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