Orbán und sein Machtkampf gegen den ungarischen "Oligarchen"

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Sein ehemaliger Verbündeter und Eigentümer eines Medienimperiums Lajos Simicska hat dem Premier den „totalen Krieg“ angedroht.

Budapest. „Ich kenne Orbán seit 35 Jahren, ich weiß alles Mögliche über ihn. Und wenn man mich deshalb erschießt? Vertrauen wir darauf, dass es nicht so weit kommt.“ Diese drastischen Worte könnten gut und gern in Russland oder der Ukraine geäußert worden sein. Sie stammen aber aus dem Mund des ungarischen „Oligarchen” Lajos Simicska, der dank seines milliardenschweren Reichtums und großen Medienimperiums zu den einflussreichsten Personen seines Landes zählt. Simicska griff wohl deshalb zu derart dramatischen Worten, weil ein seit Langem schwelender Machtkampf zwischen ihm und Orbán nun vollends eskaliert ist.

Der Grund: Leitende Angestellte an der Spitze von drei Medienorganen (die Tageszeitung „Magyar Nemzet“, der Nachrichtensender HírTV und der Radiosender Lánchíd Rádió) des Simicska-Medienimperiums reichten geschlossen ihren Rücktritt ein, aus „Gewissensgründen“, wie es hieß. Zuvor hatte Simicska Orbán und seiner Regierung über die linke Zeitung „Népszava“ mit dem „totalen Krieg“ gedroht, sollte sie ihre Pläne zur Einführung einer fünfprozentigen Werbesteuer für Medienunternehmen wahrmachen.

Kompromiss bei Werbesteuer

Die Regierung Orbán hat im Sommer des Vorjahres eine Werbesteuer eingeführt, die fast ausschließlich den regierungskritischen Privatfernsehsender RTL Klub getroffen hat, der zur deutschen Bertelsmann-Gruppe gehört. Wohl auf Druck der deutschen Regierung lenkte die Regierung in Sachen Werbesteuer aber kürzlich ein. Sie hat durchblicken lassen, dass die Abgabe fortan allen Medienunternehmen aufgebrummt werden soll.

Simicska ist eine Gefahr für den Regierungschef, weil er viele Interna über Viktor Orbán weiß, war er doch seinerzeit nicht nur Zimmergenosse des Premiers im Studentenheim, sondern später auch Finanzdirektor der heutigen Regierungspartei Fidesz. Simicska glaubt, dass hinter der Kündigung der Chefredakteure sowie deren Stellvertreter Orbán und seine Regierung stehen. In seinem Zorn ließ er sich zu rabiaten Tönen über Orbán und eine ihm nahestehende Person hinreißen. So bezeichnete er sowohl den Premier als auch den Chefkommentator der regierungsnahen Zeitung „Magyar Hírlap“, Zsolt Bayer, wörtlich als „Sperma“.

Der Machtkampf zwischen Orbán und Simicska wird darauf zurückgeführt, dass der ungarische Regierungschef nach dem neuerlichen Wahlsieg des Fidesz bei den Parlamentswahlen 2014 daran ging, die ausufernde Macht des „Oligarchen“ zu stutzen. Experten gehen davon aus, dass Simicska Orbán zu mächtig geworden ist. Die Bau- und Werbefirmen Simicskás (Közgép und Publimont) waren dank der Gunst der Regierung Orbán in der Legislaturperiode 2010–2014 zu unzähligen öffentlichen Aufträgen gelangt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2015)

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