Tsipras stellt sich Vertrauensvotum in Athen

Alexis Tsipras
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Tsipras hatte in seiner Regierungserklärung das Rettungsprogramm für beendet erklärt und will neu verhandeln. Die Geldgeber lehnen solche Gespräche aber vorerst ab.

Zwei Wochen nach seinem Wahlsieg fordert der griechische Regierungschef Alexis Tsipras am Dienstag das Vertrauen des Parlamentes in Athen für seine Links-Rechts-Regierung ein. Die Abstimmung soll am späten Abend beginnen. Das regierende Bündnis aus der Linkspartei Syriza und der Partei der Unabhängigen Griechen AN.EL. hat eine komfortable Mehrheit von 162 Abgeordneten im Parlament mit 300 Sitzen.

Tsipras hatte in seiner Regierungserklärung das griechische Rettungsprogramm für beendet erklärt und fordert nun neue Verhandlungen über den Umgang mit den griechischen Schulden. Die Geldgeber aus EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) lehnen solche Gespräche vorerst ab. Erst muss das noch laufende Rettungsprogramm abgeschlossen werden.

Am Rande von Besuchen in Washington und Ottawa betonte Kanzlerin Angela Merkel am Montagabend, dass die mit Griechenland vereinbarten Rettungsprogramme Basis der Beratungen über das weitere Vorgehen in der Schuldenkrise bleiben. Diese Programme seien die Grundlage für die Diskussionen. "Ich warte darauf, bis Griechenland mit einem belastbaren Vorschlag kommt, und dann werden wir darüber reden." Entscheidend sei, was die neue Regierung in Athen bei der Sitzung der Eurogruppe am Mittwoch oder einige Tage später auf den Tisch lege. . "Unsere Zusammenarbeit in der Europäischen Union beruht auf zwei Säulen, die zwei Seiten einer Medaille sind, auf der einen Seite Solidarität der Euro-Mitgliedstaaten untereinander. Und auf der anderen Seite eigene Anstrengungen der Länder, die ein Programm haben."

Mit Blick auf dieses Sondertreffen der Eurogruppe soll es hinter den Kulissen bereits Bewegung geben. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Kreisen des Finanzministeriums in Athen erfuhr, werde an einem Zehn-Punkte-Plan für Griechenland gearbeitet. Beteiligt seien Mitarbeiter des griechischen Finanzministeriums und des EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker. Auch Washington spiele eine Rolle. Die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) soll es danach in der Form nicht mehr geben. Die Troika-Geschichte sei vorbei, hieß es.

Merkel sprach sich erneut für einen Verbleib Griechenlands in der Eurozone aus. "Deutschlands Politik ist darauf ausgerichtet, Griechenland im Euro zu halten", sagte Merkel am Dienstagmorgen (MEZ) nach einem Treffen mit Kanadas Ministerpräsidenten Stephen Harper in Ottawa. Und wenn sie das richtig verstehe, sagte Merkel, wolle das auch die Mehrheit der griechischen Bevölkerung.

Erneuten Spekulationen der griechischen Führung über Reparationszahlungen aus Deutschland erteilte die Bundesregierung nach Informationen der "Bild"-Zeitung (Dienstag) eine klare Absage. Tsipras hatte eine Rückzahlung eines griechischen Zwangskredits an Nazi-Deutschland von 1942 ins Spiel gebracht. Aus Sicht des Bundesfinanzministeriums sei diese Zwangsanleihe über 476 Millionen Reichsmark der griechischen Zentralbank an Nazi-Deutschland im Rahmen des Reparationsvertrages von 1960 abgegolten, berichtet das Blatt unter Berufung auf eine Antwort der Regierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag.

Tsipras hatte am Montag Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) in Wien getroffen. Beide Regierungschefs kündigten daraufhin an, gemeinsam auf EU-Ebene für ein härteres Vorgehen gegen Steuerbetrug einzutreten. "Steuerbetrug ist nicht nur ein griechisches, sondern ein europäisches Thema, für das es eine Lösung braucht", sagte Tsipras vor Journalisten.

(APA/dpa/Reuters)

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