Eine Kanzlerin im Flugmodus

GERMANY WAIZSAECKER FUNERAL
GERMANY WAIZSAECKER FUNERAL(c) APA/EPA/MAURIZIO GAMBARINI (MAURIZIO GAMBARINI)
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Beim Berliner Staatsakt für Richard von Weizsäcker hielt die Krisendiplomatin Angela Merkel kurz inne, ehe sie nach Minsk reiste.

Wien/Berlin. Angela Merkel und Lech Walesa saßen beim Staatsakt für den verstorbenen Altbundespräsidenten Richard von Weizsäcker in der ersten Reihe des Berliner Doms, und beide hätten einiges zu sagen gehabt über ihr heikles Verhältnis zu Moskau und den Kreml-Herrschern. Sie überließen das Wort indessen einem gelernten Pastor: Joachim Gauck, der deutsche Präsident und ehemalige DDR-Regimegegner aus Rostock, zog dann auch alle rhetorischen Register, um einen seiner Amtsvorgänger zu würdigen.

In seiner Trauerrede stellte er Weizsäcker als „großen Deutschen und herausragenden Bundespräsidenten“ aufs Podest. In dessen Rolle als Integrationsfigur habe er das Richtige gesagt und getan. „Wie nur wenige stand er für unser Land – und wie nur wenige hat er für unser Land weltweit Achtung und Sympathie erworben.“

Aktuelle politische Markierungen wie in seiner außenpolitischen Grundsatzrede tags zuvor vermied Gauck indes am Mittwoch. Deutschland könne sich nicht abschotten und einigeln, hatte er gemahnt. „Die Krisen an der Peripherie Europas und der Welt rücken näher an uns heran.“ Und wie zur Bestätigung sprach Außenminister Frank-Walter Steinmeier beim Staatsakt auch jenen brisanten Konflikt an, der am Abend in Minsk ins Zentrum eines Krisengipfels rücken sollte. „Nicht Armeen, nicht Krieg, nicht Zwang, sondern das Wort kann den Lauf der Dinge prägen.“ Er appellierte an die Vernunft und Dialogbereitschaft der Konfliktparteien.

Sechs Städte in sechs Tagen

Dies war im Sinne seiner Chefin: Angela Merkel hatte bei ihrer Pendeldiplomatie in sechs Tagen sechs Städte besucht. Erst war die Kanzlerin mit Frankreichs Präsident François Hollande überraschend nach Minsk und Moskau aufgebrochen, danach wehrte sie bei der Münchner Sicherheitskonferenz am Wochenende die Kritik von US-Senatoren wie John McCain am Umgang mit Wladimir Putin ab, um anschließend über den Atlantik zu jetten. Im Weißen Haus sprach sie sich mit US-Präsident Obama ab, bei einem Zwischenstopp in Ottawa mit Kanadas Premier Harper. Von Berlin reiste die unermüdliche Regierungschefin schließlich nach Minsk. (vier)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2015)

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