Kredite: Kiew erhält 40 Mrd. Dollar

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Um die Ukraine vor der Staatspleite zu retten, greifen westliche Geldgeber tief in die Tasche. Das Land hat ungeheuren Reformbedarf.

Wien. Die Ukraine kann fürs Erste nicht nur politisch-militärisch aufatmen, sie erhielt gestern auch finanziell jene Sauerstoffzufuhr, die sie zur Abwendung einer Staatspleite braucht. Insgesamt wurden ihr vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und weiteren Geldgebern (EU, Einzelstaaten) etwa 40 Mrd. Dollar (35,4 Mrd. Euro) zugesagt. Hauptträger der Hilfe ist der IWF, der 17,5 Mrd. Dollar zur Verfügung stellt. Die Gremien des Fonds müssen die Hilfe noch absegnen.

Schon bisher – wie in der postsowjetischen Zeit – hing die Ukraine am Tropf des IWF. Immer wieder freilich war es zu Überwerfungen mit den internationalen Geldgebern gekommen, weil die vereinbarten Reformen nur schleppend umgesetzt wurden. Nun ist es der Ukraine gelungen, statt des üblichen Stand-by-Kredits einen sogenannten EFF-Kredit (Extended Fund Facility) zu erlangen, der größere Flexibilität und vor allem eine längere Laufzeit ermöglicht.

„Wenn das Programm gelingt und die russische Aggression endet, kann die Wirtschaft ab 2016 wieder wachsen“, sagte der ukrainische Regierungschef, Arseni Jazenjuk. Er versprach zahlreiche Sparmaßnahmen, darunter Entlassungen von Beamten, die Bekämpfung der Korruption und eine Modernisierung des Energiesektors.

In der Tat steht die Ukraine am Beginn eines langen Reformwegs. Die Reformversprechen in den vergangenen zehn Jahren wurden kaum erfüllt. Dass die Wirtschaftsleistung 2014 um 7,5 Prozent geschrumpft ist und 2015 laut Prognosen um fünf Prozent zurückgeht, hat zwar viel mit den Unruhen im Osten und dem Exporteinbruch nach Russland zu tun. Der Exportrückgang nach Russland konnte durch mehr Ausfuhren in die EU kompensiert werden. Weil die Wirtschaft sehr metallurgielastig ist, leidet sie unter den gefallenen Metall- und Erzpreisen.

Endemische Korruption

Dazu kommen interne Dauerbelastungen: endemische Korruption, Willkür der Beamten. Und das Wirtschaftssystem ist nach wie vor von Oligarchen geprägt, deren Animositäten zu jenen inländischen Zerwürfnissen beitrugen, die Russland Spielraum und leichtes Spiel bei seiner Intervention boten.

Zuletzt gab Kiew den Wechselkurs der Hrywnja frei, weil ein paralleler Schwarzmarkt existiert hatte. Zuvor hat der Währungsverfall die externe Staatsverschuldung bis Ende 2014 laut IWF auf 102,2 Prozent des BIPs getrieben. Die Regierung habe eine Reformbereitschaft gezeigt, „wie wir sie nie zuvor gesehen haben“, erklärte IWF-Chefin Christine Lagarde: „Das größte Risiko bleiben natürlich die geopolitischen Entwicklungen, die sich auf die Märkte und das Vertrauen der Investoren auswirken können.“

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2015)

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