Wahltriumph für „King Olaf“

Olaf Scholz bleibt Bürgermeister in Hamburg, braucht aber einen Koalitionspartner.
Olaf Scholz bleibt Bürgermeister in Hamburg, braucht aber einen Koalitionspartner.(c) REUTERS
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Die Wahl in der Hansestadt bestätigte den soliden, wirtschaftsfreundlichen Kurs des SPD-Bürgermeisters Olaf Scholz - des Kanzlerkandidaten der Reserve.

Wien/Hamburg. Ganz so schlimm wie für den HSV sollte es für die CDU zwar am Wahlsonntag in der Hansestadt nicht kommen. Der Fußballklub war tags zuvor bei Bayern München in ein 0:8-Debakel geschlittert, die größte Bundesliga-Schlappe in der Vereinsgeschichte.

Bei ihrer historischen Niederlage gerieten indes auch die hanseatischen Konservativen unter die Räder – und unter die wichtige 20-Prozent-Marke. Das Wahlresultat markiert einen Kontrapunkt zum bundesweiten Höhenflug der Kanzlerpartei, die laut jüngsten Umfragen bei stabilen 42 Prozent hält. Und es offenbart die anhaltenden Probleme von CDU/CSU im städtischen Milieu.

Hochrechnungen

Nach dem offiziellen vorläufigen Teilergebnis bleibt die SPD mit 45,7 Prozent leicht hinter der Bürgerschaftswahl von 2011 (48,4 Prozent) zurück. Die CDU mit Spitzenkandidat Dietrich Wersich bricht noch weiter ein und schneidet mit 15,9 Prozent (2011: 21,9) so schlecht wie nie in Hamburg ab. Die Grünen legen mit 12,2 Prozent leicht zu (11,2) - und stellen nun Bedingungen. Die Linkspartei steigert sich deutlich und erreicht 8,5 Prozent (6,4). Die FDP mit Spitzenkandidatin Katja Suding schafft mit 7,4 Prozent (6,7) erstmals seit September 2013 wieder den Verbleib in einem Landesparlament.

In der Hamburger Bürgerschaft sind nun erstmals sechs Parteien vertreten. Es ergibt sich folgende Verteilung der 121 Sitze: SPD 58, CDU 20, Grüne 15, Linke 11, FDP 9, AfD 8. Damit fehlen Scholz zur absoluten Mehrheit 3 Sitze. Die Wahlbeteiligung war mit 56,6 Prozent so schlecht wie nie in Hamburg (2011: 57,3).

Parole „Weiter vorn“

Geradezu spiegelverkehrt verhält es sich mit dem Koalitionspartner SPD. Dümpeln die Sozialdemokraten auf Bundesebene bei gerade einmal 24 Prozent, schrammten sie in Hamburg nur knapp an der absoluten Mehrheit vorbei. Bürgermeister Olaf Scholz hat die einst zerstrittene Partei, seit jeher eine Heimat von konservativen Sozialdemokraten vom Schlage eines Helmut Schmidt, mit einer grundsoliden Politik der Mitte und einem wirtschaftsfreundlichen Kurs geeint und konsolidiert. „Weiter vorn“, lautete daher die Wahlkampfparole der SPD, und sie konnte sich den Wahlkampf-Gag leisten, das Konterfei ihres Spitzenkandidaten nur halb abzubilden: Die weggelassene kahle Stirn symbolisierte quasi Kontinuität. Dabei hatte noch bis vor viereinhalb Jahren der CDU-Politiker Ole von Beust mit einer schwarz-grünen Koalition die Geschicke der Hansestadt bestimmt.

„King Olaf“, wie der 56-jährige Bürgermeister neuerdings gerne tituliert wird, stritt bundespolitische Ambitionen scherzhaft ab. Er wolle, erklärte er augenzwinkernd, noch als Bürgermeister die Olympischen Spiele 2024 eröffnen, für die sich Hamburg beworben hat – als innerdeutsche Konkurrenz zu Berlin. Freilich gilt der SPD-Vize, verheiratet mit Britta Ernst, der Bildungsministerin von Schleswig-Holstein, insgeheim als sozialdemokratischer Kanzlerkandidat der Reserve. Zumindest für den Fall, dass Parteichef Sigmar Gabriel bei der Bundestagswahl 2017 scheitern sollte.

Als Hobby-Ruderer an der Alster legt sich Scholz nicht nur sportlich in die Riemen. Der ehemalige SPD-Generalsekretär unter Gerhard Schröder, der floskelhaft die umstrittene Arbeitsmarktreform „Agenda 2010“ verteidigt hatte, was ihm das spöttische Attribut „Scholzomat“ eintrug, ist im Laufe der Jahre zu einem seriösen Herausforderer mutiert. Als Arbeitsminister der großen Koalition in Berlin erwarb sich Scholz Meriten, als sozialdemokratischer Chef-Verhandler beim Länder-Finanzausgleich mit Finanzminister Wolfgang Schäuble die Achtung des Politbetriebs, wenngleich nicht die Liebe seiner Partei. Damit hatte indes auch Helmut Schmidt Erfahrung. „Ordentlich und gediegen“, so charakterisierte unlängst die „Zeit“ den Bürgermeister, der – wie Schäuble – einen Budgetüberschuss erzielte.

Einstweilen scheint indes nur eine Frage offen: Mit wem geht die SPD eine Koalition ein? Am ehesten mit den Grünen und nicht mit der FDP, der nach Jahren der Dürre ein Comeback gelang – ein hoffnungsvolles Signal für die Liberalen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2015)

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