Türkei: Erdoğan macht Politik mit Bau von Moscheen

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Die Staatsführung in Ankara lässt von Kasachstan bis Kuba Gotteshäuser errichten. Die Projekte dienen der Inszenierung der Türkei als selbstbewusste Regionalmacht und „einzige Hoffnung der Muslime in der Welt“.

Istanbul. Die kleine Gemeinde der rund 3500 Muslime auf Kuba muss bisher ohne eigene Moschee auskommen. Recep Tayyip Erdoğan will das ändern. Bei einem Besuch auf der Karibikinsel trug der türkische Präsident vor einigen Tagen der kubanischen Regierung den Plan Ankaras vor, in Havanna die erste Moschee des Landes zu errichten – als Vorbild dient ein bekanntes Gotteshaus im Istanbuler Stadtteil Ortaköy am Bosporus. Er habe der kubanischen Regierung den Plan unterbreitet, sagte Erdoğan in Havanna.

Doch auch die Saudis wollen den Kubanern eine Moschee spendieren. Falls Kuba das Gotteshaus schon den Saudis versprochen habe, wolle die Türkei eben in einer anderen Stadt die Kopie der Ortaköy-Moschee hinstellen, sagte Erdoğan. Dem staatlichen türkischen Religionsamt zufolge ist ohnehin geplant, in Santiago an der Südküste eine Moschee zu errichten.

Nun könnte man fragen, ob die Türkei keine anderen Sorgen hat, als in fernen Ländern mit winzigen muslimischen Gemeinden Moscheen zu bauen. Doch für Erdoğan, der seine „neue Türkei“ als selbstbewusste Regionalmacht präsentieren will, gehören die Gotteshausprojekte zur Außenpolitik und zum Selbstverständnis als muslimische Führungsnation.

Der 60-Jährige sieht seine Rolle darin, der islamischen Welt mehr Selbstbewusstsein gegenüber dem politisch, wirtschaftlich und kulturell bestimmenden Westen zu geben. Kurz vor seinem Kuba-Besuch kritisierte er in einer Rede in Kolumbien, dass es kein muslimisches Land unter den UN-Vetomächten gibt. Als Erdoğan vor einiger Zeit mit der Bemerkung Schlagzeilen machte, Muslime hätten Amerika noch vor Kolumbus entdeckt, ärgerte er sich über spöttische Reaktionen aus dem Ausland. Das zeige nur, dass der Westen den Muslimen solche Großtaten nicht zutraue.

Riesige Moschee für Tirana

Nicht nur auf Kuba baut die Türkei Moscheen. In Albaniens Hauptstadt, Tirana, errichtet das Religionsamt der Türkei die größte Moschee des Balkans mit Platz für bis zu 4500 Gläubige. Staatliche Moscheebauprojekte gibt es in einem guten Dutzend Ländern, darunter in Kirgisistan, Kasachstan, Großbritannien, den USA, auf Haiti, in den Palästinensergebieten und in Somalia. Weltweit bauen die Türken an 18 größeren Moscheen.

Das Religionsamt, das den Moscheebau im Ausland über seine Stiftung TDV betreibt, wurde vor einigen Monaten direkt Premier Ahmet Davutoğlu unterstellt – was als Zeichen gilt, dass die Behörde in der Außenpolitik der Türkei eine größere Rolle spielen soll. Sein Land sei zur „einzigen Hoffnung der Muslime in der Welt“ geworden, sagte zuletzt TDV-Vertreter Mazhar Bilgin.

Aus Sicht der türkischen Führung erfülle das Bauprogramm gleich mehrere Funktionen, sagt die Politologin Beril Dedeoğlu. Zum einen werde ein Engagement radikalerer Gruppen bei der Errichtung von Gotteshäusern verhindert. Zum anderen sei der Moscheebau „ein Instrument der Soft Power“, also der Einflusserweiterung mit kulturellen und sonstigen nicht militärischen Mitteln: Die Türkei zeigt sich als muslimische Vorbildnation. Vor der Parlamentswahl im Juni sei die Kunde von türkischen Moscheen in aller Welt zudem ein Signal an die islamisch-konservative Wählerschaft von Erdoğans Regierungspartei AKP, sagt Dedeoğlu.

Auch das Inland kommt nicht zu kurz. Obwohl die Türkei mit rund 80.000 Moscheen reichlich versorgt ist, entsteht in Istanbul derzeit eine Riesenmoschee, die 50.000 Gläubige fassen soll.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2015)

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