Großbritannien hat seine "Strasser-Affäre"

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Die einflussreichen Abgeordneten und Ex-Minister Straw und Rifikind tappten in eine Falle verdeckter Journalisten und wollten gegen Geld geheim für eine Firma arbeiten.

Der Fall weckt Erinnerungen an die Lobbyisten-Affäre um Ernst Strasser: Wie der österreichische Ex-EU-Parlamentarier sind nun auch zwei frühere britische Außenminister und aktuell einflussreiche Parlamentarier über Gespräche mit Journalisten gestolpert, die sich als Geschäftsleute gettarnt haben. Jack Straw (Labour) und Malcolm Rifkind (Tory) sollen angeboten haben, sich gegen Geld vor den Karren einer fiktiven Firma spannen zu lassen.

Die Falle hatten ihnen verdeckte Reporter des TV-Senders Channel 4 und der Zeitung "Daily Telegraph" gestellt, wie beide Medien am Sonntag berichteten.

Straw bot demnach einer fiktiven Hongkonger Firma seine Verbindungen zur Politik an - gegen 5000 Pfund (6804,57 Euro) pro Tag. Rifkind stellte der Firma in Aussicht, ihr die Tür zu "jedem britischen Botschafter in der Welt" zu öffnen. Die beiden Ex-Minister sind die bisher prominentesten britischen Politiker, die sich von als Geschäftsleuten "getarnten" Journalisten täuschen ließen. Für Straw bedeutet dies drei Monate vor der Parlamentswahl das Aus, er trat als Konsequenz aus der Labour-Fraktion zurück. Auch Rifkind muss sich einer parlamentarischen Untersuchung stellen. Ihm wurde umgehend die Parteimitgliedschaft entzogen, wie Premier David Cameron am Montag bestätigte.

"Verstörende Vorwürfe"

Straw teilte am Sonntagabend mit, er habe gegenüber den Undercover-Journalisten erklärt, er würde "nur" für deren vermeintliche Firma arbeiten, nachdem er wie geplant nach der Wahl im Mai zurückgetreten sein werde. Nun werde ihm zu Unrecht ein Fehlverhalten unterstellt. Er war unter Tony Blair und Gordon Brown Außen- und Justizminister. Seine Labour-Partei bezeichnete die Vorwürfe als "verstörend". Straw habe sich selbst beim parlamentarischen Kommissar für Verhaltensregeln gemeldet und sich aus der Fraktion zurückgezogen, sagte ein Sprecher.

Den Berichten zufolge pries sich der Ex-Minister in Treffen mit den verdeckten Journalisten regelrecht an. So habe er angegeben, sich bereits für 60.000 Pfund pro Jahr "unter dem Radar" für eine Rohstofffirma eingesetzt zu haben, um EU-Auflagen zu verändern. Einen früheren ukrainischen Regierungschef will er demnach bedrängt haben, zugunsten der Firma Gesetze zu ändern.

Tory-Mann Rifkind, der 1997 in den Ritterstand gehoben worden war, ist Vorsitzender des Geheimdienst- und Sicherheitsausschusses im Parlament. Er war unter John Major Verteidigungs- und Außenminister. Ein Sprecher von Tory-Premierminister David Cameron sagte zu den Enthüllungen, Rifkind habe sich wie Straw beim Parlamentskommissar gemeldet, damit überprüft werde, ob er gegen die Regeln für Abgeordnete verstoßen habe.

Der "Telegraph" berichtete, die Journalisten hätten insgesamt zwölf Parlamentarier kontaktiert. Sechs von ihnen hätten überhaupt nicht reagiert. Einer habe den vermeintlichen Geschäftsleuten gesagt, seine Kontakte seien "nicht zu verkaufen".

--> Bericht im Daily Telegraph

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