Gadhafis blutiges Erbe: Die Spieler im libyschen Machtkampf
Vor vier Jahren begann der Aufstand gegen den einstigen Diktator. Heute ist Libyen ein gescheiterter Staat.
30.12.2016 um 16:03
Vier Jahr nach Beginn des Aufstandes gegen den später von Rebellen getöteten Diktator Muammar al-Gaddafi ringen zwei konkurrierende Regierungen und zahlreiche Milizen um die Kontrolle des nordafrikanischen Landes. Für diese Woche geplante Gespräche über eine Beendigung des bewaffneten Konflikts mussten wieder abgesagt werden. Und die Extremisten des sogenannten „Islamischen Staates“ (IS) nutzen das Sicherheitsvakuum, um sich immer weiter auszubreiten. Ein Überblick unseres Libyen-Experten Wieland Schneider über die wichtigsten Spieler im libyschen Machtkampf:
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Das Kabinett von Abdullah al-Thinni ist die international anerkannte Regierung Libyens. Sie musste sich aber gemeinsam mit dem im Sommer gewählten Parlament aus der Hauptstadt Tripolis zurückziehen. Regierung und Parlament amtieren jetzt in Tobruk im äußersten Osten des Landes. Im Westen Libyens hat Premier al-Thinni keinerlei Durchsetzungskraft. Dort bliebe das von ihm angedrohte Aussperren türkischer Firmen ohne Wirkung.
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Seit einer Offensive im Sommer kontrolliert die Milizen-Allianz „Morgenröte Libyens“ Tripolis. Federführend in dem Bündnis, dem teils islamistische Milizen angehören, ist Misrata. Die Hafenstadt wurde 2011 von Gaddafi-Truppen belagert. Als „Märtyrer-Stadt“ pocht Misrata deshalb darauf, dass ihr im neuen Libyen besonderer Einfluss zuteil werden müsse. Das wirtschaftlich starke Misrata ist Hochburg der libyschen Muslimbruderschaft. Unter dem Schutz der „Morgenröte“-Allianz residiert in Tripolis eine Gegenregierung (im Bild deren Premier Omar al-Hasi) zur international anerkannten Regierung al-Thinnis in Tobruk.
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Das kleine Golfemirat Katar (im Bild Emir Tamim bin Hamad al-Thani) hat in den vergangenen Jahren in der gesamten Region Organisationen der Muslimbruderschaft unterstützt – so auch das Bündnis „Morgenröte Libyens“.
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Libyens Premier wirft auch der türkischen Regierung vor, den „Morgenröte“-Milizen zu helfen und droht deshalb nun mit den Strafmaßnahmen gegen türkische Firmen. Ankara (im Bild Präsident Recep Tayyip Erdogan) weist den Vorwurf zurück.
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Aber auch andere externe Player beteiligen sich am Machtspiel in Libyen. Ägyptens Führung unter Ex-Militärchef Abdel Fattah al-Sisi geht mit aller Gewalt gegen die Muslimbruderschaft im eigenen Land vor. Diesen Kampf versucht Kairo auch in den Nachbarländern zu führen. Deshalb unterstützt sie die libysche Regierung in Tobruk gegen das „Morgenröte“-Bündnis der Bruderschaft-Hochburg Misrata. Ägyptische Kampfflugzeuge sollen bereits im Sommer während der Schlacht um Tripolis „Morgenröte“-Kämpfer bombardiert haben. Nun griff Ägyptens Luftwaffe erneut in Libyen an – dieses Mal, um die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) für den Mord an 21 ägyptisch-koptischen Gastarbeitern zu bestrafen. Bei den Forderungen nach internationalem militärischen Engagement in Libyen hat Kairo nicht nur um den Kampf gegen IS im Sinn, sondern auch die Entmachtung der „Morgenröte“-Allianz.
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Besondere Unterstützung lässt Ägypten dem libyschen General Khalifa Haftar zuteil werden. Der Ex-Gaddafi-General kehrte 2011 aus dem Exil in den USA zurück, um für die Rebellen zu arbeiten. Nun hat er die Libysche Nationalarmee gebildet, mit der er zunächst vor allem jihadistische Gruppen im Osten des Landes bekämpft hat. Mittlerweile unterstützt er auch die Regierung al-Thinni gegen die „Morgenröte“-Gegenregierung in Tripolis.
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Das Machtvakuum begünstigte den Aufstieg zahlreicher Extremistengruppen. Zunächst gelang es Ansar al-Sharia, sich in Bengasi und anderen Teilen Ostlibyens (Cyrenaika) auszubreiten. Mittlerweile haben sich Extremistengruppen zum libyschen Ableger des IS zusammengeschlossen, der Teile Syriens und des Irak beherrscht. Die libyschen Städte Derna und Sirte werden weitgehend vom IS kontrolliert.
Reuters
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