Putin: Kiews Verhalten "erinnert an Genozid"

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RUSSIA CYPRUS DIPLOMACYAPA/EPA/YURI KADOBNOV/POOL
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Der russische Präsident warnt zugleich Europa: Wenn Kiew nicht zahle, könne es zu Lieferengpässen bei Gas kommen.

Ein Abrüsten der Worte findet im Ukraine-Krieg trotz des Friedensabkommens nicht statt. Im Gegenteil. Der russische Präsident Wladimir Putin hat am Mittwoch dem Westen indirekt mit Lieferengpässen bei Erdgas gedroht. Zudem erinnere ihn das Verhalten der ukrainischen Regierung gegenüber den Separatistenhochburgen in der Ostukraine  an einen Genozid, so Putin vor Journalisten in seiner Residenz Nowo Ogarjowo nahe Moskau.

Konkret sagte Putin über die Lage in der Ostukraine: "Nicht nur herrscht dort eine Hungersnot, nicht nur hat die OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, Anm.) bestätigt, dass es dort eine humanitäre Katastrophe gibt, jetzt wird ihnen auch noch das Gas abgedreht." Und weiter: "Das erinnert bereits an Genozid."

Der Staatschef spielte auf die Entscheidung der Ukraine an, die Separatistengebiete nicht mehr mit Gas zu versorgen. Der russische Staatskonzern Gazprom leitete daraufhin Gas direkt in die abtrünnigen Regionen und will die Kosten nun der Ukraine in Rechnung stellen. Der ukrainische Versorger Naftogaz hatte den Lieferstopp in die abtrünnigen Gebiete mit Schäden an den Leitungen begründet.

Putin drohte am Mittwoch auch, der Ukraine den Gashahn zuzudrehen, falls das Land nicht wie vereinbart im Voraus für russische Gaslieferungen bezahle. Dieses Szenario würde auch für Europa "ein Problem bedeuten", so Putin. Der Gas-Transit durch die Ukraine nach Europa sei dann gefährdet. Er hoffe freilich, "dass es nicht dazukommt", sagte der Kremlchef. Europa erhält rund ein Drittel seines Erdgases aus Russland. Etwa die Hälfte davon wird durch die Ukraine geleitet. 

Im Oktober hatten sich Moskau und Kiew auf russische Gaslieferungen für die Ukraine in den Wintermonaten geeignet. Das Winterpaket läuft Ende März aus. Russland vermisst laut Alexej Miller, Chef des Staatskonzerns Gazprom, bisher die vereinbarte Vorauszahlung für März.

Die EU-Kommission kündigte eine erneute Vermittlungsrunde an. "Wir versuchen, sehr bald ein Dreiertreffen zwischen den ukrainischen und russischen Energieministern, mir und der (EU-)Kommission einzuberufen", sagte der für Energiefragen zuständige Vizepräsident der Brüsseler Behörde, Maros Sefcovic.

Zumindest von der ukrainsichen Front gab es am Mittwoch gute Nachrichten: Zum ersten Mal seit mehreren Wochen sei in den vergangenen 24 Stunden kein Soldat getötet worden., teilte ein ukrainischer Armeesprecher mit. Die im Friedensabkommen vereinbarte Waffenruhe soll mittlerweile weitgehen halten. Die Aufständischen zogen zudem wie vereinbart schwere Waffen ab. Reuters-Journalisten, die sich in den Separatistengebieten frei bewegen konnten, beobachteten etwa eine Kolonne mit 24 Panzerhaubitzen, die von der Front in Richtung der Rebellenhochburg Donezk fuhren.

Angst vor Schlacht um Mariupol

Zugleich geht die Angst um, dass es sich nur um eine Ruhe vor dem Stum handelt - und in naher Zukunft eine Schlacht um Mariupol droht. Europäische Spitzenpolitiker warnten die Separatisten eindringlich vor einem Angriff auf die Hafenstadt: "Die Dinge würden sich dann drastisch ändern", sagte etwa Frankreichs Außenminister Laurent Fabius und drohte Russland mit neuen Sanktionen. Auch sein deutscher Amtskollege Frank-Walter Steinmeier warnte dezidiert vor einem Angriff auf Mariupol.

Mariupol liegt etwa 55 Kilometer von der offiziellen russischen Landgrenze entfernt und ist die größte Stadt in den östlichen Separatistengebiete, die weiterhin von ukrainischen Kräften kontrolliert wird. Es ist auch die letzte große Stadt auf dem Landweg von Russland entlang des Asowschen Meers zur Krim. Es gibt Befürchtungen, dass Moskau einen Landkorridor auf die annektierte Halbinsel schaffen will.

Im vergangenen Juni sicherte die ukrainische Armee die Stadt mit großen Aufwand gegen die Separatisten ab, diese blieben aber immer in Sichtweite. Im September eroberten die Aufständischen mehrere östliche Vororte, stoppten ihre Offensive aber dort. Immer wieder gibt es seither kleinere Gefechte. Die Ukraine wirft den Separatisten vor, mit russischer Unterstützung Truppen und Material zusammenzuziehen.

(APA/AFP/Reuters/red.)

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