Afghanistan: Westen entsetzt über "Vergewaltigungs-Gesetz"

Die Rechte von afghanischen Frauen werden durch ein neues Gesetz weiter eingeschränkt
Die Rechte von afghanischen Frauen werden durch ein neues Gesetz weiter eingeschränkt(c) AP (Musadeq Sadeq)
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Der afghanische Präsident Karzai hat ein Gesetz unterzeichnet, das Frauen verpflichtet, "den sexuellen Bedürfnissen ihres Mannes jederzeit nachzukommen". Die Taliban sind erfreut, Menschenrechtler empört.

Ein neues afghanisches Gesetz schränkt die Rechte von Frauen nach Ansicht von Menschenrechtlern stärker ein als das unter den Taliban der Fall war. Der afghanische Präsident Hamid Karzai unterzeichnete das Gesetz, das Ehefrauen dazu zwingt, "den sexuellen Bedürfnissen ihres Mannes jederzeit nachzukommen".

"Solange der Mann nicht auf Reisen ist, hat er jede vierte Nacht das Recht auf Geschlechtsverkehr mit seiner Frau", heißt es weiter im Gesetzestext, den "Spiegel Online" am Donnerstag veröffentlichte.  Das Gesetz soll das Familienleben unter den Schiiten in Afghanistan regeln. Diese stellen rund 20 Prozent der Bevölkerung. Ein Ehegesetz für die sunnitische Bevölkerungsmehrheit ist ebenfalls geplant.

Ausnahmen für die Sex-Pflicht gibt es dem neuen Gesetz zufolge nur, wenn die Frau krank ist. Außerdem wird dem Mann das Recht zugestanden, seine Frau von jeder "unnötigen Beschäftigung" abzuhalten. Das Haus verlassen dürfen Frauen nur mit Erlaubnis ihres Ehemannes - außer aus "medizinischen oder rechtlichen Grünen".

"Vergewaltigung in der Ehe wird legalisiert"

Menschenrechtler und der Westen reagieren entsetzt auf das Gesetz. Damit würden Frauenrechte untergraben, die nach dem Sturz des islamischen Taliban-Regimes im Jahr 2001 mühsam errungen worden seien, sagte die oppositionelle Abgeordnete Fausia Kufi. Der UN-Entwicklungsfonds für Frauen (UNIFEM) warf der Regierung vor, "die Vergewaltigung einer Frau durch ihren Ehemann zu legalisieren".

Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer sagte am Freitag kurz vor dem Beginn des Nato-Gipfels, bei dem es um eine Verstärkung des westlichen Engagements in Afghanistan gehen soll: "Wie kann ich das verteidigen, und wie können die Briten das verteidigen, wenn unsere Burschen und Mädchen dort bei der Verteidigung der Menschenrechte sterben, und da gibt es ein Gesetz, das die Menschenrechte fundamental verletzt?"

US-Außenministerin Hillary Clinton soll Karzai auf dem Afghanistan-Gipfel am Dienstag direkt auf das Thema angesprochen haben. "Das ist ein Thema, das uns sehr besorgt", erklärte Clinton.

Lob von den Taliban

Ob der Westen Karzai dazu bewegen kann, seine Entscheidung rückgängig zu machen, ist allerdings fraglich. Der Präsident steht in Afghanistan unter Druck und muss um seine Wiederwahl im August bangen. Vor allem bei den Ultra-Religiösen hat er wenig Unterstützung. Das könnte sich mit dem Gesetz ändern.

Die Taliban haben die Initiative bereits gelobt: "Das Schiiten-Gesetz ähnelt den Regeln der Taliban. Wir werden es unterstützen", sagte Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahed" gegenüber "Spiegel Online". Auch schiitische Geistliche sprechen sich für das neue Gesetz aus. Es biete den schiitischen Frauen mehr Schutz als bisher.

Laut Verfassung der islamischen Republik sind Frauen und Männer vor dem Gesetz gleich. Dennoch hat sich die Situation seit dem Sturz der Taliban im Jahr 2001 für die meisten Frauen kaum verbessert. Die rechtliche Möglichkeit, zur Schule zu gehen und zu arbeiten, kann in der Praxis nur von wenigen genutzt werden.

(Ag./kron)

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