Burma: Die Rückkehr des alten Drogen-Guerilleros

Moe Kyaw Than, a volunteer with the Myanmar Red Cross Society reacts after he was wounded when the convoy he was in was fired upon, between the capital of Kokang, Laukkai, and Chinshwehaw
Moe Kyaw Than, a volunteer with the Myanmar Red Cross Society reacts after he was wounded when the convoy he was in was fired upon, between the capital of Kokang, Laukkai, and Chinshwehaw(c) REUTERS (Soe Zeya Tun)
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Mehr als hundert Menschen sind seit zwei Wochen im Konflikt zwischen ethnisch chinesischen Rebellen und der Armee gestorben, nun droht sich die Krise auch auf China auszuweiten.

Rangun/ Wien. Laukkai ist eine Geisterstadt. Die Straßen des sonst so quirligen Handelszentrums im Nordosten Burmas, nur wenige Kilometer von China entfernt, seien menschenleer, beschreiben Augenzeugen. Nach heftigen Kämpfen zwischen ethnisch chinesischen Kokang-Rebellen und der burmesischen Armee in den vergangenen Tagen sind zehntausende Einwohner der Stadt über die Grenze nach China geflohen, andere haben in naheliegenden Klöstern oder bei Verwandten Zuflucht gefunden.

Offiziell ist die Stadt wieder in den Händen des Militärs. Doch Flüchtlinge berichten von heftigen Straßenkämpfen, von Rebellen, die sich in Häusern verschanzen und von Dächern feuern. Augenzeugen sprechen von Leichen auf den Straßen: Männer, Frauen und Kinder, die von Rebellen und Soldaten einfach erschossen wurden.

Seit mehr als zwei Wochen toben die Kämpfe, die Armee hat inzwischen das Kriegsrecht über das nach mehr Autonomie strebende Kokang verhängt. Mehr als hundert Menschen wurden nach offiziellen Angaben getötet, vermutlich liegt die Zahl aber weit höher. Der Konflikt ist seit sechs Jahren relativer Ruhe wieder aufgeflammt, nachdem der 85-jährige Rebellenchef Phone Kya Shin aus dem chinesischen Exil zurückgekehrt ist: Phone war mit seinen Kommandeuren 2009 nach China geflohen, nachdem die Armee in einer Waffenfabrik eine Razzia unternommen – und dabei auch zwölf Millionen Amphetamintabletten konfisziert hatte. Die USA hatten Phone bereits länger im Verdacht gehabt, als „Nebenbeschäftigung“ Geld im Drogenhandel zu verdienen.

Die chinesischstämmigen Guerilleros waren ursprünglich der militärische Arm der inzwischen aufgelösten burmesischen KP, Peking unterstützte sie mit Männern, Geld und Waffen. Rangun wirft Chinas KP-Regime auch heute wieder vor, im Kokang-Aufstand mitzumischen, um Burma zu destabilisieren: Es gebe Informationen über chinesische Söldner, die sich den Rebellen anschließen. China weist dies freilich zurück und zeigt sich vielmehr besorgt über die Flüchtlingsströme. „Wir respektieren die Souveränität Myanmars (Burmas)“, sagte Außenminister-Sprecher Hong Lei.

Laut Experten ist die Distanzierung glaubwürdig: China habe großes Interesse an einer Stabilität in Burma, ist etwa Politologin Yun Sun des Stimson Centre in Washington überzeugt. Insbesondere wegen zweier parallel verlaufender Gas- und Ölpipelines durch Burma, die den Golf von Bengalen mit Südwestchina verbinden. Die Gaspipeline wurde 2013, die Ölpipeline erst Ende Jänner eröffnet – sie kosteten Peking insgesamt rund 2,5 Milliarden Dollar.

Das heißt allerdings nicht, dass es nicht tatsächlich Unterstützung für die Rebellen von jenseits der Grenze gibt: Hartnäckig halten sich Gerüchte von lokalen chinesischen Politikern und Geschäftsleuten, die hinter dem Rücken Pekings den Guerilleros zu Hilfe kommen.

(C) DiePresse

„China soll intervenieren“

Offenbar hat der Konflikt auch den Nationalismus in weiten Teilen der chinesischen Bevölkerung angefacht: „Wir können nicht zulassen, dass die burmesische Bestie einfach Chinesen abschlachtet“, schreibt etwa ein Blogger.

Welches Spiel indes Phone spielt, bleibt unklar. Ihm scheint es weniger um Autonomierechte als um die Rückeroberung seines alten Reiches zu gehen – und somit die Kontrolle der Handels- und Schmuggelgeschäfte. Die Regierung hat er jedenfalls ordentlich in Bedrängnis gebracht: Für Rangun ist der Konflikt ein schwerer Rückschlag in der Bemühung, eine landesweite Waffenruhe mit allen bewaffneten Minderheiten zu erreichen. Diese Guerilleros setzen nun auf Zermürbungstaktik, um mehr Zugeständnisse zu erreichen: Rebellengruppen aus dem ganzen Land haben Waffen und Männer an die Grenze geschickt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2015)

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