Türkische Justiz verschärft Jagd auf Reporter

Turkey´s President Tayyip Erdogan arrives for a welcoming ceremony at the Presidential Palace in Ankara
Turkey´s President Tayyip Erdogan arrives for a welcoming ceremony at the Presidential Palace in Ankara(c) REUTERS (UMIT BEKTAS)
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Der Enthüllungsjournalist Baransu wurde unter dem Vorwurf der Spionage und Gründung einer kriminellen Vereinigung verhaftet.

Istanbul. In der Türkei erhöhen Regierung und Justiz den Druck auf Medien und Kritiker von Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Jüngstes Opfer: Enthüllungsjournalist Mehmet Baransu, der unter dem Vorwurf der Spionage und Gründung einer kriminellen Vereinigung verhaftet wurde. Der 37-jährige Reporter und Kolumnist der unabhängigen Tageszeitung „Taraf“ hatte sich in den vergangenen Jahren mit der Aufdeckung mutmaßlicher Putschpläne der Militärs einen Namen gemacht.

Seine Enthüllungen dienten als Basis für die Anklage Dutzender Generäle und Ex-Generäle und nützten Erdoğan bei der Entmachtung der Militärs. Inzwischen aber betrachtet Erdoğan die damaligen Ermittlungen als Machwerk seines Erzfeindes, des islamischen Predigers Fethullah Gülen. Deshalb gilt Baransu jetzt als mutmaßlicher Gülen-Helfer. Laut Medien wird dem Reporter zur Last gelegt, dass er 2010 der Justiz vertrauliche Dokumente zu den mutmaßlichen Putschplänen zukommen ließ. Daraus leitet sich offenbar auch der Spionagevorwurf ab.

Anklage nach Interview

Auch auf andere kritische Berichterstatter reagieren die Behörden allergisch. Kürzlich leitete die Staatsanwaltschaft auf Betreiben von Erdoğans Anwälten ein Ermittlungsverfahren gegen den Chefredakteur der Oppositionszeitung „Cumhuriyet“, Can Dündar, ein.

Anlass war ein Interview Dündars mit einem ehemaligen Staatsanwalt, der an den Korruptionsermittlungen gegen die Erdoğan-Regierung Ende 2013 beteiligt war. Darin wurde Erdoğan als Hauptverdächtiger des Korruptionsfalls bezeichnet, weshalb die Anklage nun bis zu neun Jahre Haft für Dündar fordert. (güs)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.03.2015)

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