China baut an Flugzeugträger Nummer 2

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China setzt den geostrategischen Kurs einer sich entfaltenden Weltmacht fort. Ein zweiter Träger ist in Bau, sechs könnten es insgesamt werden, sagen Admiräle.

Interessante, wenngleich nicht unerwartete Neuigkeiten sind am Rande des in Peking tagenden Volkskongresses durchgesickert: Chinas Industrie baue an einem neuen Flugzeugträger für die Flotte; es wäre das zweite Schiff dieser Art sowie das erste, das in China allein gebaut würde. Es würde auch höher entwickelt als der jetzige Träger, die "Liaoning", sich allerdings noch in einigen Bereichen an dieser orientieren.

Die Angaben stammen unter anderem von Admiral Liu Xiaojiang, einem früheren Politkommissar der chinesischen Volksmarine, und von Vizeadmiral Ding Haichun, einem aktuellen Politkommissar. Wie chinesische Medien anmerken, sei es das erste Mal gewesen, dass sich so hohe Flottenfunktionäre über Flugzeugträger äußerten, und nicht nur das: Liu deutete an, dass China sechs Träger in Dienst stellen wolle, das allerdings auch noch von den verfügbaren Ressourcen abhänge. Bisherige Spekulationen waren von vier bis fünf Trägern ausgegangen, darunter zwei atombetriebenen.

Elektromagnetisches Katapult

Ein anderer hoher Offizier gab an, dass China ein neues Startsystem für Träger schon vielfach mit Erfolg getestet habe; es geht um ein elektromagnetisches Katapult. Das wäre ein großer technologischer Schritt: In den Flugzeugträgern dieser Welt, die den Start von Flugzeugen per Katapult bewerkstelligen (etwa die "Supercarriers" der US Navy oder die französische "Charles de Gaulle") sind dampfbetriebene Katapulte im Einsatz. Elektromagnetische sollen erst in der künftigen "Gerald Ford"-Klasse der USA montiert sein, deren Typschiff in einem Jahr in Dienst gestellt werden dürfte. Stromkatapulte sind leistungsfähiger als Dampfkatapulte, sie ermöglichen, wurde errechnet, 25 Prozent mehr Starts pro Tag bei 25 Prozent weniger Bedienungspersonal; sie bestehen aus weniger Teilen, brauchen weniger Platz und entwickeln bis zu 30 Prozent mehr Energie, was Starts noch schwererer Flugzeuge ermöglicht.

Die Nachrüstung der zehn US-amerikanischen Atom-Großträger der Nimitz-Klasse mit solchen Katapulten wurde verworfen, weil es zu anspruchsvoll wäre: Die neuen Katapulte brauchen enorm viel Strom, das würde die Kernreaktoren der Nimitz-Klasse überlasten, heißt es.

Auf katapultlosen Trägern, darunter der Liaoning, starten Flugzeuge mit Hilfe von "Ski Jump"-Systemen, simpel gesagt über Sprungschanzen. Das senkt ihr mögliches Startgewicht, sohin ihre Bewaffnung und/oder Reichweite. Der erwähnte chinesische Offizier sprach daher auch von einer erwarteten "enormen Vergrößerung" von Einsatzradius und Beladung - damit werde man technisch mit den USA gleichziehen oder sie sogar überholen.

"Je mehr Träger, desto besser"

Wann der zweite Träger fertig sein werde, blieb indes unklar. Admiral Liu verwarf allerdings klar Spekulationen im Westen, wonach das schon heuer sein könnte. Aber: "Je mehr Träger, desto besser", sagte Liu.

Die Liaoning ist eigentlich ein sowjetisches Schiff, dessen Bau als "Riga" in den 1980ern begonnen worden war, das aber wegen des Kollaps der UdSSR nie fertig wurde. Eine chinesische Firma kaufte Ende der 1990er das vor der Ukraine ankernde, dahinrostende Schiff mit dem damaligen Namen "Varyag" und ließ es nach China schleppen. Anfangs hatte es geheißen, das rund 300 Meter lange, leer etwa 53.000 Tonnen schwere Gefährt solle als schwimmendes Restaurant und Nachtlokal dienen, aber hinter der Firma stand in Wahrheit das Militär und so landete die Varyag bald auch offiziell bei der Volksmarine, die es in der Werft Dalian zu einem fahrtüchtigen Träger ausbaute und diesen im September 2012 in Dienst stellte.

Liaoning und Eskortschiffe
Liaoning und Eskortschiffechina-defense-mashup.com

Seither befindet sich die Liaoning (es ist der Name einer Provinz) auf Ausbildungs- und Lehrfahrten, einmal gab es auch so was wie eine "Drohfahrt" in Richtung der Philippinen wegen Gebietskonflikten. Diese Phase dürfte auch vor 2017 nicht abgeschlossen sein, wie überhaupt die Liaoning mehr als Schulschiff denn als Kampfschiff dient.: So ist sie zwar für mindestens 36 Flugzeuge und Hubschrauber ausgelegt, darunter 24 Kampfjets Typ Shenyang J-15 "Fliegender Hai". Allerdings haben bisher nur wenige chinesische Piloten eine Trägerlandelizenz (Ende 2013 waren es etwa fünf, siehe hier).

Start einer J-15 von der Liaoning
Start einer J-15 von der LiaoningChinanews.com

Im Vergleich mit der US-Marine ist die Liaoning noch ziemlich chancenarm, allerdings gibt allein dieses Schiff auch mit reduzierter Luftkomponente Chinas Marine  gegenüber kleineren Flotten wie denen Vietnams, Malaysias oder der Philippinen einen Trumpf in die Hand.

Weg zur weltweiten Seemacht

Mit dem weiteren Ausbau seiner (Träger)Flotte geht China konsequent und geostrategisch logisch den Weg einer aufstrebenden Welt- bzw. Seemacht: Denn es sind Schiffe solcher Art mitsamt Eskorte aus Kreuzern, Zerstörern, U-Booten und Transportern, mit denen China weltweit Macht projizieren können wird, primär im Pazifik, aber auch im Indischen Ozean und Atlantik, im Bereich chinesischer Interessen auch in Südasien, im Mittleren Osten, Afrika und Lateinamerika.

Mit sechs Schiffen wäre China heute mit Abstand die zweitgrößte Trägermacht. Weltweit gibt es etwa 40 Flugzeugträger aller Größen, einschließlich derer, deren Bau weit fortgeschritten ist oder die in Reserve sind und jener, die im Prinzip Hubschrauberträger sind. Die USA als Seemacht Nummer eins haben aktuell zehn „Superträger“ mit je 80 bis 100 Jets und Atomantrieb, zwei bis sechs sind in Reserve, dazu kommen neun kleine Träger („amphibische Angriffsschiffe“) mit konventionellem Antrieb und vorwiegend Hubschraubern drauf.

Nur Frankreichs Charles de Gaulle ist sonst noch atombetrieben und gilt zudem als großer Träger, mit rund 42.000 Tonnen ist er aber nur noch halb so groß wie die Supercarrier der USA und hat nur 28 bis 40 Fluggeräte. Indiens "Vikramaditya" ist vergleichbar groß, aber konventionell betrieben bei etwa 36 Fluggeräten, Russlands "Admiral Kuznetsov" hat 41 bis 50 Maschinen.

Beispiel für ein amphibisches Angriffsschiff: Australiens HMAS
Beispiel für ein amphibisches Angriffsschiff: Australiens HMAS "Canberra"shipspotting.com

Kleinträger bzw. amphibische Angriffsschiffe mit vorwiegend Hubschraubern drauf betreiben neben Frankreich (drei) und Indien (1) noch Großbritannien und Japan (je 3), Italien und Spanien (je zwei), Brasilien, Südkorea, Australien und Thailand (je eines). Diese Angaben sind indes nicht vollständig und ungenau, zumal zahlreiche Marinen derzeit besagte kleine amphibische Angriffsschiffe einführen - von denen haben viele so wenige Fluggeräte an Bord, dass unsicher ist, ob man sie überhaupt mitzählen soll. Und genau bei solchen Schiffen ist wiederum China stark im Spiel.

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Schöne Grafik von 2011, bei den Zahlen der Fluggeräte nicht mehr ganz aktuelljeffhead.com

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