Brasilien: Die Massen marschieren gegen Rousseff

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Mehr als zwei Millionen Brasilianer demonstrierten gegen die Politik der Präsidentin Dilma Rousseff.

São Paolo/Buenos Aires. Nun marschieren sie wieder. Mehr als zwei Millionen Brasilianer gingen am Sonntag auf die Straßen, um gegen die Politik der Regierungschefin Dilma Rousseff zu protestieren. Allein in São Paulo zogen mehr als eine Million Menschen über die Avenida Paulista – noch nie hatten sich in dem 200-Millionen-Land so viele Menschen zum Protest zusammengefunden. Anders als vor der Fußball-WM gab es keine Gewalt, die meisten Demonstranten trugen das Trikot der Fußballnationalmannschaft, deren Ruf seit dem 1:7-Absturz vor neun Monaten ähnlichen Schaden nahm wie der des gesamten Landes. Ein Jahr nach der Fußball-WM und ein Jahr vor Olympia in Rio hat sich alle Aufbruchsstimmung verflüchtigt, die unter Präsident Lula das Wachstum des Landes begleitet und 30 Millionen Menschen von der Armut in die Mittelklasse gehoben hat.

Schmutzige Ölgeschäfte

Jetzt ist diese neue Konsumentenschicht am Ende ihres Überziehungsrahmens angekommen und die Inlandskonjunktur stockt. Weil auch der Wachstumsmotor China zurückschalten musste, verfielen die Weltmarktpreise für Soja und Mineralien. Und das neue Wachstum der USA provoziert den Abzug viele Investorenmilliarden. Ökonomin Dilma Rousseff wusste über die mauen Aussichten, dennoch pinselte sie im Wahlkampf voriges Jahr die Zukunft in Rosa. Doch kurz nach ihrem zweiten Amtsantritt setzte sie ein Sparprogramm um: Strom und Benzin wurden teurer, soziale Ausgaben sanken. Der Real ist heute nur noch halb so viel wert wie vor vier Jahren. Das macht wiederum importierte Produkte teurer.

Hinzu kommt die Wut wegen des „Petrolão“, des größten Korruptionsskandals in Brasiliens Geschichte. Regierungsparteien, vor allem Rousseffs PT, partizipierten an Großaufträgen der staatlichen Ölfirma Petrobras: Die Liste der Verdächtigen umfasst mehr als 40 Spitzenpolitiker. Rousseff ist nicht dabei, doch der Skandal setzt ihrer Popularität stark zu. (a.f.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.03.2015)

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