Teheran rüstet Iraks Armee mit modernen Raketen auf

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Laut "New York Times" schickt der Iran Kurzstreckenraketen und Raketenwerfer-Batterien auf die irakischen Schlachtfelder. Das schürt neue Ängste bei Sunniten.

Die Rakete kann einen etwa 500 Kilogramm schweren Sprengkopf 200 bis 300 Kilometer weit tragen und dabei großflächige Ziele wie Militärlager oder Raffinerien treffen. Für die Straßenkämpfe, die derzeit in der nordirakischen Stadt Tikrit toben, braucht man solche weitreichenden, verhältnismäßig ungenauen Waffen nicht wirklich. Und doch scheint der Iran zuletzt die irakischen Streitkräfte mit ballistischen Fateh-110-Kurzstreckenraketen ausgerüstet zu haben. Das berichtet die „New York Times“ unter Berufung auf nicht namentlich genannte Vertreter der US-Regierung.

Auch Fajr-5-Raketenwerfer-Batterien für Artillerieangriffe auf Ziele in etwa 70 Kilometer Entfernung sollen bei den irakischen Einheiten aufgetaucht sein. Das habe die Auswertung von Luftbildern ergeben, berichtet einer der von der „New York Times“ zitierten US-Regierungsvertreter. Zum Einsatz seien die Fateh-110 und die Fajr-5-Raketen bisher noch nicht gekommen.

Mit der Lieferung dieser modernen Waffen hat der Iran einen weiteren Schritt in der Aufrüstung seiner irakischen Verbündeten gesetzt. Die schiitisch geprägte Regierung in Bagdad ist über viele Jahre hinweg vom schiitischen Regime in Teheran unterstützt worden. Mit dem Vormarsch der Extremisten des sogenannten Islamischen Staats (IS) wurde diese Hilfe aber verstärkt.

Großangriff auf Tikrit

So waren die Iraner als erste zur Stelle, um der Regierung in Bagdad und auch der kurdischen Regionalregierung im Nordirak beizuspringen, nachdem im Sommer der IS seinen Eroberungsfeldzug im Irak gestartet hatte. Irans Regime hat dafür ihren Mann für Sondermissionen, Qasem Soleimani, in den Irak entsandt. Der Generalmajor befehligt die al-Quds-Einheiten, eine Elitedivision der Revolutionsgarden. Soleimani spielt eine wichtige Rolle bei der Offensive gegen Tikrit. Die USA haben das mittlerweile bestätigt.

Die US-Streitkräfte unterstützen Iraks Regierungstruppen mit Luftangriffen. Washington beteuert, dass es diese Operationen nicht mit dem Iran koordiniere. Doch Saudiarabien und die anderen arabischen Golfmonarchien lassen sich damit nicht beruhigen. Aufgeschreckt durch die Atomverhandlungen mit dem Iran fürchten sie, bei einem Tauwetter zwischen Washington und Teheran ihre Rolle als wichtige US-Verbündete zu verlieren. Nun müssen die Saudis auch noch mit Entsetzen beobachten, wie der Iran seinen Einfluss im Irak immer weiter ausbaut. Dass Teheran nun auch moderne Raketensysteme in den Irak gebracht hat, wird diese Ängste weiter schüren.

Saddam-Mausoleum wurde zerstört

Laut „New York Times“ äußert man in Washington die Sorge, die iranischen Waffenlieferungen könnten die Spannungen in der Region weiter anheizen. Die irakischen Einheiten, die mithilfe Teherans in Tikrit kämpfen, setzen sich unter anderem aus schiitischen Milizen zusammen. Diese haben in früheren Jahren bereits schwere Verbrechen an sunnitischen Zivilisten begangen. Sollte es nun in Tikrit zu neuen Massakern kommen, würde das weiter Öl ins Feuer gießen.

Tikrit ist von großer symbolischer Bedeutung. Hier wurde der 2006 hingerichtete Diktator, Saddam Hussein, geboren. Wie die kurdische Nachrichtenagentur Rudaw nun berichtete, wurde bei den Gefechten um die Stadt Saddams Mausoleum verwüstet. Von dem einst opulenten Grabmal im Dorf Ouja, etwas südlich von Tikrit, sollen nur mehr einige zerstörte Säulen stehen, der Rest sei eingestürzt, berichtet Rudaw. Rund um das Areal habe der IS zuvor besonders heftigen Widerstand geleistet.

Die Gegend um Tikrit wird von mächtigen sunnitischen Stämmen kontrolliert, die nach dem Sturz des Saddam-Regimes 2003 ihren Einfluss im Irak verloren haben. Aus Wut darüber und aus Feindschaft gegenüber der Regierung in Bagdad verbündeten sich Saddam-Anhänger aus Tikrit mit dem IS.

Die iranischen Fateh-110-Kurzstreckenraketen werden bei Tikrit wohl nicht mehr zum Einsatz kommen. Sie könnten aber bei kommenden Offensiven etwa auf die IS-Hochburg Mosul abgefeuert werden.

Die Millionenstadt im Nordirak konnte nur deshalb vom IS übernommen werden, weil sich auch hier die lokalen Sunniten-Stämme aus Ärger über Bagdad mit den Extremisten zusammengetan hatten. Solang dieses Zweckbündnis aufrecht ist, wird es sehr schwer sein, Mosul zu befreien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.03.2015)

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