Israel: Netanjahu will schnell Koalition bilden

Netanjahu lässt sich feiern, das Ringen um eine Koalition wird aber zäh.
Netanjahu lässt sich feiern, das Ringen um eine Koalition wird aber zäh.(c) Reuters (Amir Cohen)
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Die Likud-Partei gewinnt 30 der insgesamt 120 Sitze im Parlament. Das Zionistische Lager erobert 24 Sitze. Herausforderer Herzog gestand Niederlage ein.

Die konservative Likud-Partei von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die vorgezogene Parlamentswahl in Israel gewonnen. Nach Auszählung von 99,5 Prozent der Wählerstimmen kam die Partei auf 23,26 Prozent, das entspricht 30 der insgesamt 120 Sitze in der Knesset. Das Mitte-Links-Bündnis Zionistisches Lager von Izchak Herzog stellt 24 Abgeordnete (18,73%). Drittstärkste Kraft wurde das arabische Parteienbündnis mit 14 Sitzen.

Netanjahus Likud schnitt weiter besser ab als erwartet. Damit steuert der 65-Jährige auf eine vierte Amtszeit zu. Allerdings steht Netanjahu vor schwierigen Koalitionsverhandlungen. Er habe die Parteien des rechten Lagers zur Bildung einer verantwortungsvollen Koalition eingeladen, sagte der Likud-Vorsitzende. Er werde sich für die Bildung einer "starken und stabilen" Regierung einsetzen, die binnen Wochen gebildet sein soll. Bereits in der Nacht habe er mit den Chefs der bevorzugten Koalitionspartner gesprochen. Gemeint sind die rechtsaußen angesiedelten Parteien "Jüdisches Heim" und "Unser Haus Israel" sowie die beiden Knesset-Fraktionen der ultraorthodoxen Juden.

"Wir wollen keine Einheitsregierung"

Selbst für den Fall, dass Netanjahu widerwillig einer Großen Koalition mit dem Mitte-Links-Bündnis zustimmen sollte, wäre er auf mindestens einen weiteren Partner angewiesen. Sowohl Netanjahu als auch der Vorsitzende des Zionistischen Lagers, Izchak Herzog, hatten im Wahlkampf ein solches Bündnis aber abgelehnt. "Wir wollen keine Einheitsregierung", skandierten Likud-Anhänger in der Wahlnacht.

Israels Präsident Reuven Rivlin sprach sich dagegen nach der Veröffentlichung der Prognosen für eine Große Koalition aus. "Ich bin überzeugt, dass nur eine Einheitsregierung den raschen Zerfall der israelischen Demokratie und baldige Neuwahlen verhindern kann", sagte er der Zeitung "Haaretz" zufolge.

Netanjahus stärkster Widersacher Herzog gab sich trotz des knappen Wahlausgangs lange nicht geschlagen. "Alles ist noch offen", sagte der 54-Jährige in der Nacht zum Mittwoch in Tel Aviv. Er werde sich für die Bildung einer Regierung einsetzen, die für Frieden mit Israels arabischen Nachbarn und soziale Gerechtigkeit kämpfen werde. Mittlerweile hat er aber die Niederlage eingestanden und Netanjahu telefonisch gratuliert.

Netanjahu hatte am Wahltag mit Warnungen vor "Massen arabischer Wähler" scharfe Kritik ausgelöst. "Kein westlicher Politiker würde es wagen, solche rassistischen Kommentare abzugeben", schrieb Shelly Jachimovich vom Zionistischen Lager.

Israel "kein Partner im Friedensprozess"

Nach dem Wahlsieg Netanjahus sieht der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat keine Chance für neue Friedensverhandlungen mit der künftigen Regierung. Netanjahu habe vor seiner Wahl gesagt, dass er gegen einen palästinensischen Staat und für mehr Siedlungsbau sei, sagte Erekat dem palästinensischen Radio.

Da Netanjahu die neue Regierung bilden werde, sei "sehr klar, dass es in Israel keinen Partner für den Friedensprozess gibt", sagte Erekat. Netanjahu war noch kurz vor der Wahl politisch deutlich nach rechts gerückt. Es werde keinen Palästinenserstaat geben, solange er Regierungschef sei, hatte er am Montag der Nachrichtenseite "NRG" bestätigt.

Höchste Wahlbeteiligung seit 1999

Drittstärkste Partei wurde die Vereinigte Liste der arabischen Parteien mit fast elf Prozent, die 14 Mandate erbrachten.

Der Block aus Rechten und Religiösen kam demnach zusammen auf 57 Sitze. Auf das "Jüdische Heim" entfielen nach dem vorläufigen Auszählungsstand acht, auf "Unser Haus Israel" sechs und auf die ultraorthodoxen Parteien Shas und Torah-Judentum sieben beziehungsweise sechs Sitze.

Die zentristische Liste Kulanu, der die Rolle des Züngleins an der Waage zufällt, errang demnach zehn Mandate, die liberale Zukunftspartei elf. Ganz knapp kam auch die linke Meretz mit vier Sitzen in die Knesset.

Die vorgezogene Parlamentswahl war notwendig geworden, nachdem Netanjahus Mitte-Rechts-Koalition Ende vergangenen Jahres nach weniger als zwei Jahren im Amt auseinandergebrochen war.

Knapp 5,9 Millionen Wahlberechtigte waren zur Stimmabgabe aufgerufen. Die Wahlbeteiligung war mit 71,8 Prozent die höchste seit 1999. Bei der letzten Wahl 2013 hatte sie 67,8 Prozent betragen. Das neue Parlament soll am 31. März vereidigt werden.

(APA/dpa)

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