Kroatien: Entführer lassen bosnischen Ex-Staatschef frei

Unbekannte Geiselnehmer forderten eine Million Euro Lösegeld für Ante Jelavi¿s Freilassung.

Belgrad/Zagreb (ros.)Bosniens früherer Staatschef und Verteidigungsminister Ante Jelavić wurde nach einem Tag in Geiselhaft Donnerstagabend offenbar freigelassen. Dies berichteten mehrere kroatische Medien. Der 45-Jährige war am Mittwoch in der kroatischen Hauptstadt Zagreb in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung entführt worden. Die Geiselnehmer hatten eine Million Euro Lösegeld gefordert.

Nach Angaben der Familie des Entführten hat sich Jelavić nach seiner Freilassung telefonisch gemeldet. Er sei ins Ausland verschleppt worden und werde sich sofort nach Übertritt einer nicht näher genannten Grenze bei der Polizei melden.
In Bosnien und Herzegowina hatte sich Jelavić vor allem als kroatischer Nationalist und Chef des bosnischen Ablegers der Partei „Kroatische Demokratische Gemeinschaft" einen Namen gemacht

Der frühere Verteidigungsminister war von 1998 bis 2001 Mitglied des dreiköpfigen Staatspräsidiums des Vielvölkerstaats und von Juni 1999 bis Februar 2000 als dessen Vorsitzender turnusgemäß Staatsoberhaupt. Wegen Verstößen gegen das Dayton-Abkommen wurde er im März 2001 vom damaligen Zivilverwalter der Staatengemeinschaft, dem Österreicher Wolfgang Petritsch, abgesetzt: Jelavić hatte sich im Widerspruch zur Dayton-Verfassung für die Schaffung einer eigenen kroatischen Teilrepublik eingesetzt.

Nach Urteil untergetaucht

Im Oktober 2005 verurteilte ein Gericht in Sarajewo Jelavić in Abwesenheit zu einer Haftstrafe von zehn Jahren, weil er als Verteidigungsminister 1997/98 bewaffneten kroatischen Einheiten in Bosnien gesetzwidrig Geld überweisen hatte lassen. Jelavić setzte sich nach dem Urteil nach Zagreb ab, wo er zunächst untertauchte und ein neues Verfahren beantragte. Da er auch die kroatische Staatsbürgerschaft hat, ist er vor einer Auslieferung nach Sarajewo sicher. Im Juni 2006 hob die bosnische Justiz das Urteil des ersten Prozesses auf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2009)

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