Jemen: "... bis die Rebellen kapitulieren"

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Die arabischen Führer zeigen sich entschlossen, die Houthi-Rebellen in die Schranken zu weisen. Bei einem Gipfel kündigten sie die Bildung einer panarabischen Eingreiftruppe an.

Kairo. An kriegerischer Rhetorik fehlte es nicht beim arabischen Gipfel in Sharm el-Sheikh: „Die Operation wird so lang dauern, bis die Houthi-Rebellen kapitulieren und ihre Waffen aushändigen“, erklärte Nabil al-Arabi, Generalsekretär der Arabischen Liga.

Der aus Aden geflohene jemenitische Präsident, Abed Rabbo Mansour Hadi, beschwor die versammelten Staatschefs, die vom Iran unterstützten schiitischen Kämpfer in Grund und Boden zu bombardieren. „Ich fordere, die Operation so lang weiterzuführen, bis diese Banden aufgeben und sich aus allen Winkeln zurückgezogen haben, die sie besetzt halten.“ Den Houthis warf Hadi vor, sie seien Strohmänner des Iran und hätten durch ihre politische Unreife den Jemen zerstört.

Bomben auf Sanaas Flughafen

Auch der saudische König Salman ließ keinen Zweifel an seiner Entschlossenheit: „Wir werden diese Operation so lang fortsetzen, bis wieder Sicherheit und Stabilität im Jemen herrschen“, erklärte der 79-Jährige. In dessen Gefolge befand sich auch sein Sohn Mohammed, der 34-jährige Verteidigungsminister des Königreichs.

Aus arabischen Diplomatenkreisen verlautete, die Militäroffensive im Jemen werde bis zu sechs Monate dauern. Ein Einsatz von Bodentruppen allerdings, das wissen die Generäle, könnte mit hohen eigenen Verlusten und einem endlosen Blutvergießen unter der Zivilbevölkerung enden.

Unterdessen gingen die Luftangriffe, an denen sich über 150 Kampfflugzeuge aus zehn Staaten beteiligen, am Wochenende weiter. In der Nacht zum Sonntag wurden Rollbahnen und Gebäude des Zivilflughafens von Sanaa schwer getroffen. Nun kann niemand mehr die Stadt auf dem Luftweg verlassen. Wenige Stunden zuvor hatten die Vereinten Nationen ihre letzten 100 Mitarbeiter hinausbringen können. Die ganze Nacht lag Jemens Hauptstadt, deren Altstadt Unesco-Weltkulturerbe ist, im schweren Bombenhagel.

In Aden explodierte ein Waffendepot. Bei Straßenkämpfen zwischen regierungstreuen Milizen und angreifenden Rebellen starben in der Hafenstadt mindestens 60 Menschen. In Sanaa liegt die Zahl der Todesopfer mittlerweile bei über 80. Aus Houthi-Siedlungsgebieten in den Nordprovinzen gibt es keine gesicherten Angaben. Dort zerstörten arabische Kampfjets nach eigenen Angaben mehrere Dutzend Scud-Raketen, die in den vergangenen Tagen Richtung Grenze verlegt worden waren und saudische Städte erreichen könnten.

Bei seiner Rede auf dem arabischen Gipfel sprach Ägyptens Präsident, Abdel Fatah al-Sisi, von einer „nie da gewesenen Bedrohung für die Region“. Die arabische Offensive im Jemen verteidigte er als notwendig, um Einheit und inneren Frieden des Landes zu bewahren. Sisi warb für eine pan-arabische Eingreiftruppe.

Irans Rolle undurchsichtig

Hinter den Kulissen der chronisch zerstrittenen Liga jedoch gab es sofort Einwände und Bedenken, vor allem vonseiten des Irak, aber auch vom Oman. Entsprechend unverbindlich fiel das Schlusskommuniqué aus, in dem das ganze Projekt als freiwillig deklariert wurde. In vier Wochen will man dann beginnen, über Details wie Kommandostruktur, Truppenstärke und Zeitplan zu diskutieren.

Die Houthis im Jemen, die etwa 40 Prozent der Bevölkerung ausmachen, werden vom Iran gestützt und haben sich mit Truppen verbündet, die loyal zu dem 2012 abgesetzten Staatschef Ali Abdullah Saleh stehen. Über die genaue Rolle des Iran gibt es widersprüchliche Angaben. So berichtete die BBC, Houthi-Führer seien in der heiligen Stadt Qom gesehen worden. Auch zirkulieren unbestätigte Berichte, dass ein Teil der Kampfflugzeuge aufseiten der schiitischen Rebellen von iranischen Piloten geflogen würden.

Ein jemenitischer Politikwissenschaftler erklärte gegenüber der „Presse“, die Bevölkerung in der Hauptstadt sei verstört. „Wir haben so etwas noch nie erlebt, wir haben unsere traditionellen Methoden und Regeln der Auseinandersetzung.“ Jetzt aber falle die halbe arabische Welt mit ihrem supermodernen Waffenarsenal über das ärmste Land der Region her und mache es zum Schlachtfeld gegen den Iran. „Diese Leute wissen, wo der Iran liegt. Warum kämpfen sie nicht dort und stattdessen auf unserem Territorium?“ Der Führung in Riad wirft er vor, ihren Einfluss im Jemen verloren zu haben, weil sie sich stets mit den schlimmsten und korruptesten Leuten des Landes eingelassen hätte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2015)

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