Iran-Gespräche: Erster Durchbruch im Atomstreit

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In Lausanne zeichnet sich eine Einigung mit Teheran ab. Der Iran ist laut Diplomaten zu einer wesentlichen Reduzierung seiner Uranaufbereitung bereit. Israel warnt vor einem Abschluss.

Lausanne. Die Iran-Gespräche in Lausanne stehen laut Diplomaten kurz vor einem Abschluss. Am Sonntag soll es zu einem entscheidenden Durchbruch in den Verhandlungen über das iranische Atomprogramm gekommen sein. Teheran habe „mehr oder weniger“ zugestimmt, die Zahl der Zentrifugen zur Urananreicherung auf 6000 oder noch weniger zu begrenzen, so ein Vertreter der Verhandler. Außerdem soll ein Großteil des im Iran verfügbaren schwach angereicherten Nuklearmaterials außer Landes gebracht werden. Es geht um einen Umfang von rund 8000 Tonnen. In der Atomanlage Fordo werde darüber hinaus keine Urananreicherung mehr stattfinden.

Zwar dementierten iranische Diplomaten einen gänzlichen Durchbruch, doch hat sich bereits seit Tagen eine Annäherung abgezeichnet. Die Außenminister aus den USA, Frankreich, Deutschland und China sowie EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hatten schon am Samstag ihren Aufenthalt verlängert. Am Sonntag stießen die Außenminister aus Großbritannien und Russland, Philip Hammond und Sergej Lawrow, zu den Gesprächen.

Ziel ist ein Abkommen, das verhindert, dass der Iran Nuklearwaffen herstellen kann. Allerdings soll Teheran die friedliche Nutzung der Kernenergie weiterhin erlaubt werden. Im Gegenzug würden die Sanktionen aufgehoben. Bis Dienstag soll eine politische Grundsatzvereinbarung stehen, bis Juni müssten dann noch alle notwendigen Details des Vertrags ausverhandelt werden.

US-Diplomaten haben bereits in den Tagen vor dem Treffen einen Lösungsvorschlag für das Abkommen propagiert. Demnach soll dem Iran auch die Anreicherung von Uran nicht grundsätzlich verboten werden. Sie müsse lediglich auf eine Größenordnung reduziert werden, die einen raschen Einsatz als Atomwaffe unmöglich mache. Der technische Weg zu einer Bombe soll demnach mindestens ein Jahr in Anspruch nehmen. Gleichzeitig sollen die internationalen Kontrollen auf zehn Jahre beschränkt werden. Danach könnten sie nach und nach abgebaut werden, wenn es ausreichendes Vertrauen in die dann regierende Führung in Teheran gebe. Die US-Verhandler gehen freilich davon aus, dass bis dahin die Gründergeneration der Islamischen Republik nicht mehr an der Macht ist.

„Gefährliche Achse zum Jemen“

Israels Ministerpräsident, Benjamin Netanjahu, warnte vor einem Abschluss der Verhandlungen. „Diese sich abzeichnende Einigung bestätigt alle unsere Befürchtungen – und noch darüber hinaus“, sagte Netanjahu am Sonntag. Der Iran versuche derzeit, parallel zu den Verhandlungen in Lausanne weite Teile des Jemen und für den weltweiten Ölhandel strategisch wichtige Regionen zu erobern. Er wolle nach und nach die Kontrolle über den gesamten Nahen Osten erlangen, so der israelische Premier. „Die Achse Iran-Lausanne-Jemen ist sehr gefährlich für die Menschen und muss gestoppt werden.“

Die 5+1-Gruppe aus den fünf UN-Vetomächten und Deutschland bemüht sich seit Jahren um eine Einigung mit dem Iran. Nach einer anfangs harten Haltung der Führung in Teheran ist seit einigen Wochen Bewegung in die Gespräche gekommen. Mit dazu beigetragen hat die finanziell angespannte Lage des Iran. Durch die Wirtschaftssanktionen und den fallenden Ölpreis ist der Staatshaushalt unter Druck geraten. Etwa 100 Milliarden Dollar liegen eingefroren im Ausland. Devisenreserven, die das Land unter der früheren Regierung noch hatte, sind auf mysteriöse Weise verschwunden.

Im Iran selbst gibt es weiterhin eine breite Opposition von Hardlinern, die ein Abkommen, das die Option auf ein eigenes Atomprogramm minimiert, verhindern möchte. Die Regierung unter Hassan Rohani brachte deshalb zuletzt sogar die Abhaltung eines Referendums über den Ausgang der Verhandlungen ins Spiel. Laut einer Gallup-Umfrage vom vergangenen November würde eine klare Mehrheit von 70 Prozent einem Atomabkommen zustimmen, wenn damit das Ende der Sanktionen verbunden wäre.

ZEITPLAN

Weitere Infos:www.diepresse.com/iranBis Dienstag sollen die Eckpunkte für ein Abkommen mit dem Iran stehen.

Bis Juni sollen alle
notwendigen Details
für den Atomvertrag
mit Teheran ausverhandelt sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2015)

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