Atomstreit: Verhandlungen mit Iran ziehen sich weiter hin

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Die Außenminister Irans und der fünf Vetomächte sowie Deutschlands rangen am Dienstag in Lausanne um eine vage, gesichtswahrende Kompromissformel. Ein voller Erfolg bahnte sich nicht an. Die Detailgespräche werden wahrscheinlich noch bis Ende Juni dauern.

Lausanne. Ein Durchbruch bahnte sich nicht an in Lausanne, die Unterhändler im Atomstreit waren am Dienstag mit diplomatischen Schminkarbeiten beschäftigt. Seit Donnerstag rangen sieben Außenminister am Genfer See um eine Einigung. Doch die Verhandlungen zwischen dem Iran und den fünf Vetomächten der UN sowie Deutschlands (5+1) werden wahrscheinlich noch bis zu weiteren drei Monate andauern.

Mit einer Lösung der noch strittigen Detailfragen wurde bis zur selbst gesetzten Frist gestern Mitternacht in Lausanne nicht mehr gerechnet. Bei Redaktionsschluss haben die Delegationen stattdessen an einer vage gehaltenen Abschlusserklärung gearbeitet, in der sich alle Teilnehmer zur Fortsetzung der Gespräche verpflichten – mit dem Ziel eines umfassenden Abkommens bis Ende Juni.

Um die Nachspielzeit zu rechtfertigen – insbesondere gegenüber den hartnäckigen Gegnern eines Abkommens im US-Kongress, in der israelischen Regierung sowie unter den Hardlinern in Teheran – sollten zudem möglicherweise Dokumente zu jenen technischen Detailfragen veröffentlicht werden, in denen seit Verhandlungsbeginn Anfang 2014 bereits eine Einigung erzielt wurde.

So verständigten sich die Unterhändler auf einen Umbau des iranischen Schwerwasserreaktors Arak, damit dieser kein Plutonium produzieren kann, das als Spaltmaterial für Atomwaffen dienen könnte. Weitgehend geklärt wurden auch die technischen Überwachungsmaßnahmen in den iranischen Nuklearanlagen sowie die Kontrollrechte der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) während der Laufzeit eines künftigen Abkommens. Allerdings hatte Teheran zuletzt noch einige Bedenken gegen Überraschungsinspektionen durch die IAEA angemeldet. Im Prinzip als vereinbart gelten auch die Beschränkungen bei der Anreicherung von Uran, die Teheran bereits im Zwischenabkommen vom Jänner 2014 akzeptiert hat. Bei der Zahl der Zentrifugen, die Iran noch betriebsbereit halten und zur Anreicherung von Uran einsetzen darf, hatte man sich von anfänglichen Extrempositionen (Iran: 20.000 und geplanter Ausbau auf 50.000; USA: maximal 1000) inzwischen auf die Zahl von 6000 verständigt.

Diese Zahl ist allerdings davon abhängig, ob der Iran akzeptiert, dass zumindest der Großteil seiner bereits vorhandenen Vorräte von acht Tonnen schwach angereicherten Urans entweder nach Russland verbracht oder im Iran so umgewandelt werden, dass sie nicht weiter angereichert werden können– auf den für Atomwaffen erforderlichen Grad von 90 Prozent. Eine dritte Option wäre, diese acht Tonnen versiegelt und unter permanente Kontrolle der IAEA zu stellen.

Die schwierigsten Streitpunkte, die auch am Dienstag von den Außenministern in Lausanne zunächst nicht überwunden werden konnten, sind die Modalitäten einer Aufhebung der von UNO, USA und EU gegen Iran verhängten Wirtschaftssanktionen sowie ihrer Wiedereinsetzung, sollte Teheran gegen das Abkommen verstoßen. Der Iran verlangt, dass spätestens mit Ende der bisher auf zehn Jahre geplanten Laufzeit des Abkommens auch sämtliche Sanktionen aufgehoben werden. Vor allem die USA und Frankreich beharren bisher aber auf einer weiteren fünfjährigen „Karenzzeit“, in der Teheran unter Kontrolle der IAEA in Wien nachweisen soll, dass es auch weiterhin kein militärisches Nuklearprogramm betreibt. Zudem fordert Washington, die von der UN verhängten Sanktionen nach ihrer Aufhebung im Fall einer Vertragsverletzung Irans automatisch wieder in Kraft zu setzen – ohne erneuten Beschluss des Sicherheitsrats.

Keine Zusicherung aus Washington

Diese Forderung wird nicht nur vom Iran abgelehnt, sondern auch von den Vetomächten Russland und China. Die iranische Delegation forderte zudem eine Zusicherung von Washington, dass auch die US-Sanktionen nach einem im Vertrag festgelegten Fahrplan aufgehoben würden. Eine entsprechende Zusage konnte US-Außenminister John Kerry aber nicht machen, da hierüber der US-Kongress entscheiden muss, in dem die republikanischen Gegner eines Abkommens mit Teheran derzeit das Sagen haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.04.2015)

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