Nigeria: Ex-Militärdiktator lässt sich als Wahlsieger feiern

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Der Oppositionskandidat Muhammadu Buhari wird neuer Präsident Nigerias. Der bisherige Amtsinhaber Goodluck Jonathan gestand seine Niederlage ein.

Abuja. Mit pathetischen Worten erklärte Oppositionssprecher Lai Mohammed den Sieg: „Das ist das erste Mal, dass in Nigeria eine Regierung mit rein demokratischen Mitteln abgewählt wird“, sagte er in Nigerias Hauptstadt Abuja. „Hier wird Geschichte geschrieben.“ Der Grund für die Freude des Oppositionssprechers: Der muslimische Oppositionskandidat und Ex-Militärdiktator Muhammadu Buhari wird neues Staatsoberhaupt Nigerias. Das bestätigte Mittwoch früh auch die Unabhängige Nationale Wahlkommission, als sie das Endergebnis der Abstimmung verkündete: Buhari habe um 2,57 Millionen Stimmen mehr erzielt als Amtsinhaber Goodluck Jonathan. Demnach gewann der Buhari die Wahl mit 53,95 Prozent der Stimmen. Jonathan kam auf 44,96 Prozent.

Der 72-järhige Buhari stammt aus dem muslimischen Norden Nigerias und ist Chef des Oppositionsbündnisses Partei der Fortschrittlichen (APC). Der bisherige Präsident Goodluck Jonathan von der Demokratischen Volkspartei (PDP) ist Christ aus dem Süden des Landes.

Opposition lobt friedliche Machtübergabe

Nach Angaben aus dem Oppositionslager hatte Jonathan noch am späten Dienstagnachmittag den Wahlsieger kontaktiert, zum Sieg gratuliert und seine Niederlage eingestanden. Ein APC-Sprecher kommentierte das mit den Worten: „Das macht ihn zum Helden. Die Spannungen werden dadurch dramatisch reduziert.“ Im Vorfeld der Wahl waren Befürchtungen über mögliche Nachwahl-Unruhen laut geworden. Auch der neue Präsident Buhari lobte am Mittwochmorgen Jonathan dafür, dass dieser sein Präsidentenamt friedlich übergibt. Der Sieg Buharis ist der erste Wahlsieg der Opposition seit der Rückkehr des westafrikanischen Landes zur Demokratie im Jahr 1999. Rund 70 Millionen Wahlberechtigte waren in Afrikas bevölkerungsreichstem Land am Wochenende zur Abstimmung aufgerufen.

In Kaduna strömten die Anhänger Buharis auf die Straßen, um seinen Sieg zu feiern. In der Stadt war nach der Wahl 2011 Gewalt ausgebrochen, 800 Menschen kamen dabei ums Leben.

Die Wahl verlief nach Ansicht von Beobachtern weitgehend ordnungsgemäß. Die renommierte Organisation Nigeria Civil Society Situation Room sprach jedoch von Unregelmäßigkeiten: Es gebe aus mehreren Bundesstaaten besorgniserregende Berichte über Manipulationen und den Einsatz von Sicherheitskräften zur Beeinflussung von Auszählungen. Noch am Dienstag war es in einigen Landesteilen, vor allem im Süden, zu Protesten gegen den Ablauf der Wahl gekommen. Im Bundesstaat Rivers setzte die Polizei Tränengas gegen Demonstranten ein, die gegen angebliche Wahlmanipulationen protestierten. Dort hatte Jonathan einen überragenden Sieg eingefahren.

Buhari ist im Süden umstritten

Der scheidende Präsident Jonathan und seine Demokratische Volkspartei hatten die Wähler mit der Aussicht auf Kontinuität umworben; Buhari und sein Oppositionsbündnis versprachen die Bekämpfung der grassierenden Korruption und einen Sieg über die Terrorgruppe Boko Haram. Seit 2009 haben die Extremisten im Nordosten Nigerias mindestens 14.000 Menschen getötet, allein seit Jahresbeginn nach UN-Angaben 1000 Zivilisten.

Im Süden des Landes, der Hochburg des bisherigen christlichen Präsidenten, Jonathan, ist Buhari zum Teil umstritten. Ein Grund dafür liegt in Buharis Vergangenheit: Er hatte Nigeria Anfang der Achtzigerjahre mit einem Militärregime regiert und war dann aber selbst von der Macht geputscht worden. Drei Mal schon hatte er sich bei Präsidentenwahlen um das höchste Staatsamt bemüht.

Nigeria ist mit fast 180 Millionen Einwohnern das mit Abstand bevölkerungsreichste Land Afrikas. Es ist der größte Ölexporteur und mittlerweile auch die stärkste Volkswirtschaft des gewaltigen Kontinents. Auch der politische Einfluss Nigerias als Regionalmacht wächst. Die Mehrheit der Nigerianer lebt aber nach wie vor in großer Armut. (APA/Reuters/DPA/red)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.04.2015)

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