Grenzkonflikt: China baut Große Mauer im Meer

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Peking heizt den Territorialstreit im Südchinesischen Meer an. Ein Admiral der US-Pazifikflotte ist alarmiert: China habe vor den Küsten der Philippinen riesige Landflächen aus Sand aufgeschüttet.

Peking. Im Inselstreit mit Chinas südostasiatischen Nachbarstaaten ist die chinesische Führung seit dem Pekinger Asien-Pazifik-Gipfel (Apec) im November zwar nach außen hin eher um leise Töne bemüht. Tatsächlich aber lässt China die Muskeln weiter spielen – derzeit zwar nicht militärisch oder mit Drohungen, aber mit Baggern und – mit Tonnen von Sand beladenen – Frachtern.

Nach Angaben der US-Pazifikflotte sind die Chinesen seit Wochen dabei, vor den Küsten der Philippinen riesige Landflächen aufzuschütten. China errichte im Südchinesischen Meer eine „Große Mauer aus Sand“, beklagte US-Flottenadmiral Harry Harris. China würde große Mengen an Sand auf bestehende Korallenriffe schütten und sie mit Beton befestigen. Insgesamt hätten die Chinesen bereits eine Fläche von vier Quadratkilometern aufgeschüttet, sagte Harris. Erkenntnisse über den genauen Zweck dieser künstlich aufgeschütteten Landmasse habe er zwar noch nicht. Aber es sei davon auszugehen, dass China sie für militärische Zwecke nutzen und womöglich besiedeln wolle.

Gasvorkommen vor Spratly-Inseln

Die Führung in Peking ringt seit Jahren mit ihren Nachbarn um die rund 200 Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer, von denen die meisten nichts anderes als Korallenriffe und Sandbänke sind, und damit unbewohnbar. Weitere Streitobjekte sind auch die Paracel-Inseln weiter nördlich. Neben China erheben Vietnam, Taiwan, Malaysia, Brunei und die Philippinen Ansprüche darauf. Im umliegenden Meer werden enorme Erdöl- und Erdgaslager vermutet. Die US-Energieinformationsbehörde geht von bis zu 213 Milliarden Barrel Öl aus, das entspräche einem Drittel aller bekannten Vorkommen.

Zudem ist das Meer die kürzeste Route zwischen dem Indischen Ozean und dem Pazifik und hat sich im Zuge der rasanten Wirtschaftsentwicklung Indiens, Chinas und Südostasiens zur am meisten befahrenen Seehandelsroute der Welt entwickelt. Mehr als die Hälfte des weltweiten Tankschiffsverkehrs passiert das Südchinesische Meer. Auch der Handel zwischen Europa und Ostasien verläuft zum größten Teil auf diesem Weg.

China begründet seinen Anspruch mit historischen Gründen. In der Ming-Dynastie vom 14. bis zum 17. Jahrhundert und auch später in der Qing-Dynastie kontrollierte China zeitweise die Meere bis hinab nach Indonesien. Heute sind nur sieben Spratly-Inseln tatsächlich in chinesischem Besitz. 27 Riffe kontrolliert Vietnam. Die Philippinen herrschen über neun, Malaysia über fünf und Taiwan über eines. Mehrfach ist es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Fischereiflotten der jeweiligen Länder gekommen.

Mit den jüngsten Aufschüttungen will Peking seinen Machtanspruch auf die gesamte Region bekräftigen. Auf der Spratly-Insel Yongxiang ist China bereits seit knapp zwei Jahren dabei, eine ganze Stadt zu errichten, inklusive Werften und einer Landebahn für Verkehrsflugzeuge. Sie trägt den Namen Sansha und soll chinesischen Staatsmedien zufolge bereits mehr als 3000 Einwohner zählen. Auch mit der Förderung von Erdgas habe die chinesische Führung eigenen Angaben zufolge begonnen.

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„Wir bauen nur in unserem Vorgarten“

Ganz akut fühlen sich vor allem die Philippiner bedroht. Außenminister Albert del Rosario beklagte vergangene Woche, die Regierung in Peking treibe Bauprojekte voran, um rechtliche Schritte gegen Chinas Gebietsansprüche vorab im Keim zu ersticken. Er warf Peking „massiven Territorialraub“ vor. Die philippinische Regierung hat 2013 das Ständige Schiedsgericht in Den Haag eingeschaltet. Mit einem Urteil wird Anfang kommenden Jahres gerechnet.

Chinas Führung hat jedoch mehrfach betont, dass sie schon das Verfahren selbst nicht anerkennt. Chinas Außenminister, Wang Yi, weist auch sonstige Kritik aus dem Ausland scharf zurück: Auf einer Pressekonferenz vor zwei Wochen betonte er zwar, dass seine Regierung den Konflikt friedlich lösen wolle und versprach eine konstruktive Mitarbeit an einem neuen Verhaltenskodex. An den Aufschüttungen seines Landes im Meer lässt er aber keine Zweifel zu: „Wir bauen nur in unserem eigenen Vorgarten.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2015)

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