Betancourt: „Mehr wirtschaftliche Sanktionen für den Iran“

Former FARC hostage French-Colombian Ingrid Betancourt arrives at the Elysee Palace in Paris to attend a dinner
Former FARC hostage French-Colombian Ingrid Betancourt arrives at the Elysee Palace in Paris to attend a dinner(c) REUTERS (PHILIPPE WOJAZER)
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Die frühere Farc-Geisel Ingrid Betancourt setzt sich für den iranischen Widerstand ein. Sie fordert dazu auf, das Regime zu stoppen.

Die Presse: Sie unterstützen den iranischen Widerstand im Exil sowie die Frauenbewegung. Sie sagen, dass der Iran eine Apartheid-Politik betreibt...

Ingrid Betancourt: Dass die Apartheid gegen die Frauen institutionalisiert ist, zeigt uns, wie gefährlich das iranische Regime ist. Wenn wir an Südafrika oder an die USA in den 1960er-Jahren denken – damals haben wir revoltiert. Es überrascht mich, dass wir nicht auf dieselbe Weise auf den Iran reagieren. In dessen Konstitution wird das universale Kalifat erwähnt, die Ambitionen gehen also über Nahost hinaus. Und die Regierenden wollen die Atombombe, nicht als Schutz, sondern um damit Land zu erobern. Wenn wir den Iran jetzt nicht stoppen, werden wir es später nicht schaffen und laufen Gefahr, in einen globalen Krieg verwickelt zu werden.

Die derzeitige Regierung unter Hassan Rohani zeigt sich betont liberal, schließlich werden Atomverhandlungen geführt.

Sie will uns weismachen, dass sie liberal ist. Was diese Regierung auch gefährlich macht, ist ihre gute Rhetorik, das hilft ihr bei den Verhandlungen, um die Sanktionen zu lockern. Angeblich bekämpft der Iran den Islamischen Staat (IS), aber sein Kampf ist ein Fake. Der Iran nährt den IS, indem er ihm erlaubt, sich zu verbreiten. Gleichzeitig teilt der IS mit dem Iran dieselben Ideale und Ideen: ein universales Kalifat, Misogynie, keine Demokratie, keine Freiheit usw.

Was ist denn Ihrer Ansicht nach die richtige Reaktion auf den Iran?

Mehr wirtschaftliche Sanktionen. Denken Sie an die Berliner Mauer, sie ist nicht während eines Krieges oder einer Invasion gefallen. Sie ist von innen kollabiert, aufgrund des ökonomischen Ungleichgewichts und der daraus resultierenden Probleme. Wir dürfen nicht erlauben, dass eine fanatische Diktatur finanzielle Unterstützung erhält, die Freiheit und Menschenrechte ächtet.

Die Bevölkerung hat diesen Ausbruch mit der Grünen Revolution 2009 versucht, die Revolte wurde aber niedergeschlagen. Wie können Proteste erfolgreich sein?

Wir müssen laut sein und die Frauen stärken: Sie leben dort nicht unter schlimmen Konditionen, weil sie das akzeptieren oder weil es in ihrer Kultur ist. Diese Apartheid ist ein vorzeitiger Tod für die Frauen. Das System infantilisiert die Männer, nimmt ihnen die Verantwortung.

Der frühere New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani sagte unlängst, der Iran sei das gefährlichste Regime der Welt. Sie stimmten dem zu?

Ja, zumal die Kontrolle im Iran in den Händen einer Gruppe verrückter Männer liegt, die die Atombombe wollen. Wir müssen der Verrücktheit dieses Regimes mit Reflexion gegenübertreten, mit Einigkeit und klaren Positionen, die unsere demokratischen Werte und Menschenrechte betreffen.

ZUR PERSON

Ingrid Betancourt, Jahrgang 1961, ist frühere kolumbianische Präsidentschaftskandidatin. Sie wurde 2002 von den Farc-Guerillas in Kolumbien entführt und war sechs Jahre lang ihre Geisel. Betancourt, die auch die französische Staatsbürgerschaft besitzt, wurde 2008 befreit. Heute setzt sie sich unter anderem für die Iranische Exil-Widerstand ein. [ Reuters ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2015)

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