Durchbruch im Atomstreit mit Iran: Eckpunkte fix

Die Erleichterung is ihnen ins Gesicht geschrieben: Philip Hammond, John Kerry, Federica Mogherini und Mohammed Javad Zarif
Die Erleichterung is ihnen ins Gesicht geschrieben: Philip Hammond, John Kerry, Federica Mogherini und Mohammed Javad Zarif(c) APA/EPA/JEAN-CHRISTOPHE BOTT (JEAN-CHRISTOPHE BOTT)
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Der Gesprächsmarathon führte Donnerstagabend zum Erfolg. Bis 30. Juni sollen die Details stehen. Der Iran friert einen Großteil der Uran-Anreicherung ein, die Sanktionen werden stufenweise aufgehoben.

Durchbruch im Atomstreit mit dem Iran: Bei den Verhandlungen in der Schweiz hat man sich Donnerstagabend auf die Eckpunkte für ein endgültiges Abkommen geeinigt. Dies gab die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in Lausanne bekannt. Zuvor hatten das deutsche Auswärtige Amt und Irans Außenminister Mohammed Javad Zarif über den Kurznachrichtendienst Twitter die Einigung bereits angekündigt. Die Detailverhandlungen sollen dann bis zum Ablauf der endgültigen Frist am 30. Juni fortgesetzt werden. 

Kern des Konflikts: Der Westen wirft dem Iran vor, unter dem Deckmantel eines zivilen Atomprogramms Kernwaffen zu entwickeln, der Iran weist dies zurück.

Die ersten Statements der Verhandler waren von Vorsicht geprägt: Großbritanniens Außenminister Philipp Hammond sprach von der "Grundlage für ein möglicherweise sehr gutes Abkommen", Frankreichs Außenminister Laurent Fabius gar nur von "positiven Schritten", Details harrten aber noch einer Lösung.

Obama: "Ein historischer Deal"

"Die USA und ihre Verbündeten haben einen historischen Deal mit dem Iran erreicht", gab sich US-Präsident Barack Obama in einer ersten Reaktion hingegen regelrecht euphorisch: "Das Abkommen versperrt dem Iran den Weg zu einer Atombombe über angereichtertes Uran". Zudem werde der Iran auch kein waffenfähiges Plutonium produzieren können. "Es ist ein gutes Abkommen", bilanzierte der US-Präsident die monatelangen Verhandlungen.

Nach Einschätzung von US-Außenminister John Kerry ist  die Einigung eine "solide Grundlage" für einen umfassenderen Deal. "Heute haben wir einen entscheidenden Meilenstein erreicht", sagte der US-Chefdiplomat. Die wichtigsten Rahmenbedingungen seien nun geschaffen. Sobald diese in mehreren Phasen umgesetzt seien, würden sie der Welt versichern, dass das iranische Nuklearprogramm ausschließlich friedliche Zwecke verfolgt, sagte Kerry. Einige Auflagen gegen Teheran würden auf unbestimmte Zeit bestehen. "Wir haben stets klargestellt, (...) dass ein endgültiges Ergebnis nicht auf Versprechen beruhen wird. Es wird auf Beweisen beruhen."

Kerry bedankte sich bei allen Ländern, die bei den Verhandlungen hilfreich waren und würdigte auch die "unglaubliche Großzügigkeit" Österreichs, wo mehrere Abschnitte der Verhandlungen stattfanden.

Für UN-Generalsekretär Ban Ki-moon bietet die Grundsatz-Vereinbarung "substanzielle Grenzen für Irans Atomprogramm und die Entfernung aller Sanktionen", sagte Ban in New York. Die Einigung berücksichtige die Bedürfnisse des Irans, stelle aber gleichzeitig sicher, dass seine nuklearen Aktivitäten friedlich blieben. Eine Lösung in dem Atom-Konflikt werde zu Frieden und Stabilität in der Region beitragen, sagte Ban weiter.

"Hindernisse von zehn Jahren aus Weg geräumt"

"Wir sind durch", war Deutschlands Außenminister Frank Walter Steinmeier die Erleichterung anzumerken. Er sprach von einem "großen und entscheidenden Schritt nach vorne". Für Jubelstimmung sei es zwar noch zu früh, aber man habe "mit den vereinbarten Eckpunkten Hindernisse aus dem Weg geräumt, die einer Einigung ein Jahrzehnt lang im Weg standen". Steinmeier hofft bei einer endgültigen Einigung im Juni auch auf eine Signalwirkung für andere ineternationale Krisen.

Von einer generellen Normalisierung im Verhältnis des Iran zu den USA will Teherans Außenminister Zarif indes keineswegs sprechen: Das habe nichts miteinander zu tun: "Wir haben ernsthafte Differenzen mit den Vereinigten Staaten. Wir haben in der Vergangenheit gegenseitiges Misstrauen aufgebaut". Vielleicht gelinge es nun immerhin, einen Teil des verlorenen Vertrauens wieder aufzubauen.

25 Jahre Inspektionen

Auch erste Details der Einigung wurden bereits bekanntgegeben: Mehr als zwei Drittel der iranischen Kapazitäten zur Anreicherung von Uran sollen für zehn Jahre suspendiert werden, unter strenger internationaler Beobachtung. Aber auch nach Ablauf dieser Frist soll es Restriktionen geben, insgesamt 25 Jahre lang. Während dieser Zeit soll es durchgehend Inspektionen geben, durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien.

Das Uran-Anreicherungsprogramm war einer der Hauptstreitpunkte gewesen: Angereichertes Uran kann nämlich nicht nur zu Brennstoff für Atomkraftwerke verarbeitet werden, sondern kann - bei höherer Anreicherung - auch für den Bau von Atombomben verwendet werden.

Sanktionen sollen stufenweise fallen

Derzeit verfügt der Iran trotz der internationalen Sanktionen über 19.000 Uran-Zentrifugen, von denen aber weitaus nicht alle laufen. 5060 von ihnen sollen offenbar weiter in Betrieb bleiben, Die bisherigen Lagerbestände an angereichertem Uran sollen entweder verdünnt werden, um eine Verwendung in Kernwaffen auszuschließen, oder außer Landes gebracht werden, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters eine westliche Quelle aus dem Umkreis der Verhandlungen. Gerade in diesem Punkt hatte es zuletzt so ausgesehen, als ob der Iran früher gemachte Zusagen wieder zurückziehen wollte.

Was der Iran dafür bekommt: Die Sanktionen, die wegen des Atomprogramms sowohl von der UNO als auch bilateral gegen Teheran verhängt wurden, und die die Wirtschaft des Landes zusehends in Mitleidenschaft gezogen haben, werden stufenweise aufgehoben.

Frist mehrfach verlängert

Seit neun Tagen rangen die Unterhändler der USA, Chinas, Russlands, Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands und des Iran in Lausanne um ein Grundsatz-Abkommen. Die Frist dafür war eigentlich am Dienstag um Mitternacht abgelaufen. Schon davor war die Frist mehrfach verlängert worden, immer mit dem Argument, man sei einer Einigung noch nie so nahe gewesen und wolle auf den letzten Metern nicht aufgeben.

(APA/Reuters/hd)

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