Während die weltweiten Rüstungsausgaben 2014 gesunken sind, investieren die Staaten Osteuropas wegen des Ukraine-Konflikts wieder mehr für militärische Zwecke.
Die Militärausgaben in Osteuropa schnellen in die Höhe: Wegen der Ukraine-Krise rüsteten zuletzt vor allem die Konfliktstaaten Ukraine und Russland sowie die drei baltischen Länder, Estland, Lettland und Litauen, deutlich auf. Im westlichen Teil der Welt stagniert das Geschäft mit dem Tod hingegen – wenn auch auf hohem Niveau. Insgesamt sind die Rüstungsausgaben deshalb zuletzt im dritten Jahr in Folge gesunken. 2014 fielen sie zum Vorjahr um 0,4?Prozent auf 1,8 Billionen Dollar (1,7 Billionen Euro). Dies geht aus dem jährlichen Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstitutes (Sipri) hervor, der am heutigen Montag veröffentlicht wird. Schon 2013 fielen die globalen Rüstungsausgaben um 1,9 Prozent, 2012 um 0,4 Prozent. Im vergangenen Jahr sparten vor allem die USA und Westeuropa deutlich beim Waffeneinkauf – gleichzeitig sind die Rüstungsausgaben neben Osteuropa auch in Asien, Ozeanien, dem Mittleren Osten und Afrika angestiegen.
Die USA gaben 6,5 Prozent weniger für Waffen aus. Seit 2010 hat die Supermacht ihr Rüstungsbudget um 20 Prozent gesenkt. Allerdings sind die US-Rüstungsausgaben nach wie vor um 45 Prozent höher als noch vor den Terroranschlägen des 11. September 2001. „Trotz punktueller Reduzierungen liegen wir heute wieder auf einem extrem hohen Rüstungsniveau. Insgesamt liegen die weltweiten Rüstungsausgaben seit 2009 sogar ein Stückchen über dem Niveau der Rüstungsausgaben im Kalten Krieg Ende der Achtzigerjahre“, betont Sipri-Analyst Pieter Wezeman gegenüber der „Presse“.
Nach den USA sind China, Russland und Saudiarabien weiterhin die Länder mit den größten Waffenbudgets. Saudiarabien hat im Vorjahr mit plus 17 Prozent am meisten aufgerüstet. Deutschland liegt nach Indien auf Platz acht – mit geschätzten Militärausgaben von 46,5 Milliarden Dollar im Jahr 2014.
50-prozentige Steigerung
Während es in Osteuropa wegen des Ukraine-Konfliktes Aufrüstungsbemühungen gibt, haben west- und südeuropäische Länder im Vorjahr auf eine Aufstockung ihres militärischen Bestandes verzichtet. Die fünf größten Waffeneinkäufer, Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Italien und Spanien, haben zudem laut Sipri für 2015 weitere Rüstungsbudgetkürzungen eingeplant. Deutschland will mittelfristig jedoch wieder mehr Geld für Waffen ausgeben. „Die Ukraine-Krise hat die Sicherheitssituation in Europa fundamental verändert. Dennoch gibt es zumindest bisher nur Aufrüstungstendenzen in Ländern an der Grenze zu Russland“, analysiert Wezeman.
2015 sollen die Militärausgaben der Ukraine um 50 Prozent ansteigen. Auch Polen, Schweden und die baltischen Länder wollen aufrüsten. Die Rüstungsausgaben Russlands sollen laut Sipri-Prognose 2015 gar um 60 Prozent anschwellen. Allerdings gehe es Moskau dabei auch um eine Sanierung der teils stark veralteten Streitkräfte. Zudem dürfte die angespannte wirtschaftliche Situation Russlands das Vorhaben deutlich abbremsen, so Wezeman.
China gab auch 2014, mit großem Abstand zu den USA, weltweit am zweitmeisten Geld für Waffen aus. Genaue Zahlen gibt das Land allerdings nicht bekannt. Deshalb hat Sipri auf Umwegen errechnet, dass China seine Rüstungseinkäufe 2014 um 9,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr erhöht hat. 2013 lag die Steigerung bei 7,4 Prozent.
Enorme Budgetbelastungen
„Während die totalen weltweiten Militärausgaben relativ unverändert bleiben, sind sie in einigen Regionen, wie dem Mittleren Osten und Afrika, massiv angestiegen. Für einige Länder bedeutet das enorme Budgetbelastungen“, betont Wezeman.
Gründe seien zum einen zwar verschlechterte Sicherheitslagen. In vielen Fällen aber seien die Aufrüstungsbestrebungen vor allem „ein Produkt von Korruption, eigennützigen Interessen nationaler Organisationen und autokratischen Regierungsformen, die sich so den Machterhalt im Lande sichern wollen“, so Wezeman. Auch in Europa gebe es Korruption bei Entscheidungsträgern im Waffeneinkauf. Sie sei aber durch demokratische und transparentere Prozesse stärker eingeschränkt als in Diktaturen.
(Die Presse" - Printausgabe vom 13.04.2015)