EU-Parlament fordert von Türkei Anerkennung des Armenier-Völkermords

Der türkische Staatspräsident Erdogan
Der türkische Staatspräsident ErdoganAPA/EPA/ROBERT GHEMENT
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Das EU-Parlament stimmte am Abend für die Resolution. Für die Türkei ist das Votum irrelevant, sagte sinngemäß Türkeis Präsident Erdogan vor der Abstimmung.

Das EU-Parlament hat die Türkei aufgefordert, den Völkermord an Armeniern vor 100 Jahren im Osmanischen Reich anzuerkennen. In einer am Mittwoch in Brüssel verabschiedeten Entschließung forderten die Abgeordneten, "den Völkermord an den Armeniern anzuerkennen und so den Weg für eine wirkliche Aussöhnung der Türken und der Armenier zu ebnen".

In der Resolution wird die Türkei auch aufgefordert, "das Gedenken an den 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern zum Anlass zu nehmen, ihre Bemühungen, einschließlich der Gewährung des Zugangs zu den Archiven, fortzusetzen, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen". Das EU-Parlament erinnerte daran, "dass immer mehr (EU-)Mitgliedstaaten, einschließlich ihrer Parlamente, den im Osmanischen Reich begangenen Völkermord an den Armeniern anerkennen".

Wenige Stunden vor der Abstimmung gab sich der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan betont unbeeindruckt. Das Votum des Gemiums sei völlig irrelevant. "Welche Entscheidung es auch trifft - sie wird zum einen Ohr rein-, zum anderen rausgehen", sagte er am Mittwoch laut der Nachrichtenagentur Anadolu.

Die türkische Regierung lehnt es kategorisch ab, die Gräueltaten an den Armeniern im Osmanischen Reich vor 100 Jahren als Völkermord zu bezeichnen. O-Ton Erdogan: "Für die Türkei ist es niemals möglich, eine solche Sünde, eine solche Schuld anzuerkennen."

Kein Abbruch der Beziehungen zum Vatikan

Für Ärger in Ankara hatte am vergangenen Sonntag auch Papst Franziskus gesorgt. Er hatte die Gräueltaten als "ersten Völkermord im 20. Jahrhundert" eingeordnet. Erdogan hatte den Papst am Dienstag davor gewarnt, einen solchen "Unsinn" zu wiederholen. Die Beziehungen zum Vatikan will Ankara aber aufrecht erhalten. "Wir wollen unsere Botschaft nicht schließen", erklärte der türkische Botschafter beim Heiligen Stuhl, Aydin Adnan Sezgin, der italienischen Tageszeitung "Il Messaggero". Es sei klar, dass die Aussage des Papstes Auswirkungen auf das türkisch-vatikanische Verhältnis habe. Es gebe jedoch auch weiterhin Raum, um "der Diplomatie neuen Atem zu geben".

Die Armenier gedenken am 24. April der Gräueltaten an ihrem Volk vor 100 Jahren. Den Massakern waren nach armenischen Angaben 1,5 Millionen Menschen zum Opfer gefallen. Die Türkei geht von deutlich weniger Toten aus. Anders als der Vatikan, das EU-Parlament und rund 20  europäische Staaten haben Österreich und Deutschland die Gräueltaten bisher nicht als Völkermord eingestuft. Auch die USA vermeiden den Begriff.

(APA/dpa/AFP/Reuters/red)

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