Angus Robertson, Fraktionschef der Scottish National Party (SNP) und Verfechter der Unabhängigkeit, stellt Bedingungen für Unterstützung der Labour-Partei.
Die Presse: Wie ist es der SNP gelungen, die Niederlage in einen Antriebsschub für die Parlamentswahl zu verwandeln?
Angus Robertson: Wir konnten sehr viele Menschen mobilisieren und ihnen zeigen, dass es eine bessere Alternative gibt. 45 Prozent waren nicht genug, um das Referendum zu gewinnen, aber in einer Mehrparteiendemokratie ist das genug, um eine Wahl zu gewinnen.
Wird Schottland den Ausgang der Parlamentswahl entscheiden?
Die Meinungsumfragen deuten daraufhin, dass Konservative und Labour eine absolute Mehrheit verfehlen und die Liberaldemokraten viele Sitze verlieren werden. Es kann entscheidend werden, wie viele Mandate die SNP bekommt.
Welche Bedingungen haben Sie?
Eine formelle Koalition haben sowohl Labour als auch die SNP ausgeschlossen, aber es gibt andere Formen der Unterstützung. Für uns gibt es drei Bedingungen: mehr Selbstbestimmung für Schottland, ein Ende der Sparpolitik der Konservativen und keine Erneuerung der Trident-Atom-U-Boote.
Schottlands Labour Party sagt, wer SNP wählt, hilft dem konservativen Premier Cameron.
Das ist konstitutioneller und politischer Analphabetismus. Man hat uns Schotten Jahrzehnte lang angelogen, dass wir Labour wählen müssen, wenn wir Schottland vor den Tories beschützen wollen und dennoch haben wir dann konservative Regierungen bekommen.
Aber ein starkes SNP-Ergebnis wird eine absolute Mehrheit für Labour unmöglich machen.
Die SNP-Abgeordneten werden gegen eine konservative Regierung stimmen. Je mehr Mandate wir haben, desto eher können wir dafür sorgen, dass Schottlands Anliegen in London Gehör finden und Schottland bekommt, was Schottland will.
Würde eine EU-Volksabstimmung in Großbritannien die Frage der schottischen Unabhängigkeit wieder aufs Tapet bringen?
Wenn eine Gruppe EU-feindlicher Politiker in London Schottland gegen unseren Willen aus der EU führen will, dann wird das zu einer schweren Verfassungskrise führen und definitiv die Frage der schottischen Unabhängigkeit neu stellen.
Das Thema Unabhängigkeit ist also nicht erledigt?
Das Thema der Unabhängigkeit Schottlands wird nicht erledigt sein, bis wir uns selbst regieren wie jedes andere normale Land.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.04.2015)