EU plant harten Kurs gegen Schlepper und illegale Migranten

Amnesty International protestiert vor den Ratsgebäuden der EU in Brüssel gegen die Asylpolitik der EU.
Amnesty International protestiert vor den Ratsgebäuden der EU in Brüssel gegen die Asylpolitik der EU.(c) REUTERS
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Ein Entwurf sieht ein neues Abschiebeprogramm und verstärkten Grenzschutz vor. Italien rechnet bis Jahresende mit 200.000 Flüchtlingen.

Der EU-Gipfel zur Flüchtlingsproblematik im Mittelmeer setzt auf einen harten Kurs. Schwerpunkt ist der Kampf gegen Schlepper und illegale Migration, wie aus dem Entwurf der Gipfelerklärung hervorgeht. Unterdessen rechnet Italien bis Jahresende mit der Ankunft von rund 200.000 Bootsflüchtlingen.

Für die EU-Operationen "Triton" und "Poseidon"(patrouilliert vor der Westküste der Türkei und vor Ägypten) sollen die Finanzressourcen für 2015 und 2016 "zumindest verdoppelt" werden, heißt es in dem von der Nicht-Regierungsorganisation "Statewatch" veröffentlichten EU-Gipfelentwurf. Außerdem sollen die Ressourcen verstärkt werden, "damit so die Such- und Rettungsmöglichkeiten innerhalb des Mandats vergrößert werden". Konkrete Zusagen sind laut dem Gipfelentwurf zwar willkommen, aber noch nicht fixiert.

Schleppernetzwerke zerstören

Die EU will "systematische Bemühungen" unternehmen, um Schiffe zu identifizieren, zu erbeuten und zu zerstören, bevor sie von Schleppern verwendet werden, heißt es in dem Entwurf. Die Schleppernetzwerke sollen durch eine Zusammenarbeit von Europol, Frontex, dem EU-Asylbüro EASO und Eurojust sowie von Polizei und Geheimdiensten der Drittstaaten zerstört werden.

Außerdem will die EU den Kampf gegen illegale Migration verstärken. Die EU-Kommission und die EU-Außenbeauftragte werden aufgefordert, alle Mittel zu mobilisieren, auch die Entwicklungshilfe, um die Abschiebung von nicht zugelassenen Wirtschaftsflüchtlingen in die Herkunftsländer voranzutreiben. Außerdem soll ein neues Programm zur raschen Abschiebung illegaler Migranten aus den südlichen EU-Staaten eingerichtet werden, das von Frontex koordiniert wird.

Pro Woche 5000 Menschen

Nach einer am Donnerstag bekannt gewordenen Schätzung des Innenministeriums in Rom werden in Italien in den kommenden fünf Monaten pro Woche 5.000 Menschen erwartet, die von den Küsten Nordafrikas aus die Einreise in Italien erzwingen wollen. Für die Flüchtlinge aus arabischen und afrikanischen Staaten wird die Lage nach Einschätzung von Experten wegen des Bürgerkriegs in Libyen immer gefährlicher.

Nach den Forderungen vieler EU-Politiker, gegen die vor allem von Libyen aus operierenden Schlepperbanden schärfer vorzugehen, drohten die vom Westen nicht anerkannten Machthaber in der Hauptstadt Tripolis mit militärischen Gegenmaßnahmen. Jede Art von Angriff werde nicht unerwidert bleiben, sagte der Außenminister der Gruppe, Muhammed el-Ghirani, der "Times of Malta".

Trauerfeier für rund 800 Tote

Auf Malta gedachten bei einer Trauerfeier politische Würdenträger sowie ein Bischof und ein Imam der laut UNO rund 800 Toten, die bei der bisher schwersten Katastrophe seit Beginn der Massenflucht über das Mittelmeer am vergangenen Wochenende gestorben sein sollen. An der Trauerfeier für die 24 geborgenen Toten und zum Gedenken an die übrigen Opfer der Katastrophe nahmen auch der EU-Kommissar für Migration sowie Regierungsmitglieder aus Italien und Griechenland teil.

Seit Jahresanfang sind - soweit bekannt - etwa 1.800 Menschen im Mittelmeer ertrunken. Der Zerfall staatlicher Strukturen in Libyen begünstigt Schlepperbanden. Die Menschenschmuggler verdienen nach Experten-Angaben mehrere tausend Dollar pro Flüchtling. Die Überfahrt ist seit dem Ende des von Italien finanzierten Rettungsprogramms "Mare Nostrum" offenkundig gefährlicher geworden. "Mare Nostrum" wurde vom EU-Grenzschutzeinsatz "Triton" abgelöst. Dessen Einsatzgebiet ist nicht direkt vor Nordafrika, sondern knapp 60 Kilometer vor der italienischen Küste. Viele der maroden und überladenen Flüchtlingsboote kentern allerdings, bevor sie in das Einsatzgebiet gelangen. Verantwortlich für "Triton" ist die Grenzschutzagentur Frontex, die sich aus Geld der EU-Mitgliedsländer speist und pro Jahr rund 90 Millionen Euro zur Verfügung hat.

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(APA/Reuters)

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