Trotz Einreiseverbots gelang es Kreml-treuen Bikern der Nachtwölfe, an der Gedenkfeier für die Rote Armee in der polnischen Grenzstadt Braniewo teilzunehmen.
Warschau. Eigentlich wollte Polen ja der russischen Motorrad-Gang Nachtwölfe die Einreise verwehren. Trotzdem tauchten am Wochenende bereits die ersten Mitglieder der Kreml-freundlichen Bikergruppe in Polen auf: Bei einer Gedenkfeier zum Ende des Zweiten Weltkriegs auf dem Soldatenfriedhof der Roten Armee in der polnischen Grenzstadt Braniewo nahmen bis zu 200 russische Motorradfahrer teil, darunter auch eine Delegation der Nachtwölfe.
Laut polnischen Medienberichten wurden die vor allem aus der nahen russischen Exklave Kaliningrad (Königsberg) stammenden Motorradfahrer von der polnischen Polizei nach dem Grenzübertritt eskortiert. Dabei habe es keinerlei Probleme gegeben.
Am Sonntag war zunächst unklar, ob alle russischen Biker das Land danach wieder verlassen haben. Zwischen der russischen Oblast Kaliningrad und Polen gibt es seit 2010 ein Regime des kleinen Grenzverkehrs, das den Russen visafreies Reisen bis in den Raum Danzig ermöglicht. Damit könnte das Versprechen des Nachtwölfe-Präsidenten Alexandr Saldostanow erfüllt werden: Der Putin-treue Biker hatte in Moskau angekündigt, zwanzig seiner Nachtwölfe würden trotz eines polnischen und eines deutschen Einreiseverbots versuchen, Berlin bis zum 9.Mai zu erreichen.
„Nichts hält uns auf!“
Wie geplant starteten Dutzende von Bikern deshalb ihre Tour von Moskau aus Richtung Berlin. „Wir sind Biker, unbewaffnet, offen nach allen Seiten“, sagte Saldostanow und kritisierte die Einreisesperren scharf. Den Polen warf der vom russischen Präsidenten mit einem Orden ausgezeichnete Biker „Russenhass“ vor. „Nichts hält uns auf! Kein Wetter und auch kein polnisches Außenministerium“, höhnten seine Anhänger.
Die Nachtwölfe sind in Polen besonders umstritten, weil sie Putin bei der völkerrechtswidrigen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim unterstützt hatten. Auch schicken sie immer wieder Freiwillige zu den prorussischen Separatisten im Donbass.
In Polens Öffentlichkeit ist die Solidarität mit der Ukraine sehr groß. Die polnische Regierung sprach deshalb seit Wochen von einer „politischen Provokation“, auf die man nicht hereinzufallen gedenke. „Eine Provokation ist es, uns das Gedenken an den Zweiten Weltkrieg zu verwehren“, protestiert jedoch Biker-Chef Saldostanow. Man wolle nur die Gräber der Großväter besuchen, das sei die Pflicht eines jeden Russen. „Unsere Reise ist eine Demonstration des Vertrauens, nicht der Stärke“, erklärte er beim Abschied der zwanzig Nachtwölfe in Moskau.
Angst vor Schlägereien
Polens Außenminister, Grzegorz Schetyna, warnte die Medien vor einer Nachtwölfe-Hysterie, die nur dem Kreml in die Hände spielen würde. Polen sei ein Rechtsstaat, und wer ein gültiges Visum habe, könne das Land durchqueren, wenn er sich an dessen Gesetze halte, erklärte er zuerst. Schließlich zog Warschau aber mit Berlin und Prag gleich und verbot den Russen die Einreise. Im Außenministerium hieß es, die Biker hätten nicht rechtzeitig die genaue Reiseroute bekannt gegeben. Das Ministerium reagierte damit auf eine Bürgerpetition gegen den Transit der Nachtwölfe. Innerhalb weniger Tage kamen dabei über 10.000 Unterschriften zusammen.
Zudem hatten polnische Motorradfreaks angekündigt, die Durchfahrt der Russen blockieren zu wollen. Sollte es dabei zu tätlichen Auseinandersetzungen kommen, sei das ein neues polnisch-russisches Problem, hieß es in Warschauer Regierungskreisen. Seit den russischen Aktivitäten gegen die Ukraine sind die bilateralen Beziehungen so angespannt wie seit Jahren nicht mehr.
AUF EINEN BLICK
Die Biker der Kreml-freundlichen Motorrad-Gang Nachtwölfe kündigten an, anlässlich des Endes des Zweiten Weltkriegs vor 70 Jahren auf ihren Maschinen von Moskau nach Berlin fahren zu wollen. Auf ihrer Tour wollten sie unter anderem auch in Wien Station machen. Am Wochenende tauchten die ersten Nachtwölfe in Polen auf.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2015)